Zusammenhalt
Rassismus im Alltag: So kannst Du Dich mit Betroffenen solidarisch zeigen

Bei der Wohnungssuche, bei der Jobsuche, in der Schule: Menschen mit Migrationshintergrund haben im Alltag oft mit Benachteiligungen zu kämpfen. Dann ist Solidarität gefragt. Welche Methoden es dafür gibt.

20. März 202320. 3. 2023 |
Aktualisiert am 15. März 202415. 3. 2024


In einem Zugabteil sitzen zehn Menschen, die Polizeistreife kontrolliert aber nur die beiden mit dunkler Hautfarbe und schwarzen Haaren. Bei einer Stellenbesetzung sortiert ein Personaler alle arabisch klingenden Namen aus. Zu einer Wohnungsbesichtigung lädt eine Vermieterin nur die Müllers und Maiers ein – keine Özdemirs oder Azizis.

All diese Dinge passieren in Deutschland. Sie sind rassistisch. Und sie sind Alltag für Millionen von Menschen mit Migrationsgeschichte.

Wer solche Erfahrungen macht, kann Solidarität gebrauchen.

Zum Beispiel so:
 

Alltagsrassismus erkennen und benennen

Wer nicht selbst von Diskriminierung betroffen ist, tut sich mitunter schwer, Diskriminierung zu erkennen. Typisches Beispiel: Die Frage „Wo kommst Du wirklich her?“.

Menschen mit dunklerer Haut hören diese Frage immer wieder, auch wenn sie in Deutschland geboren sind. Die Fragenden sagen den Satz womöglich ohne böse Absicht. Trotzdem signalisiert er: Du bist anders, du gehörst nicht wirklich dazu.

Die Frage nach der Herkunft grenzt aus. Sie teilt Menschen anhand äußerlicher Merkmale in Gruppen ein. Sie zwingt die Gefragten dazu, sich zu rechtfertigen. Solchen Alltagsrassismus zu erkennen und beim Namen zu nennen, ist ein erster wichtiger Schritt zu seiner Bekämpfung.


Widersprechen

Offener Rassismus – zum Beispiel durch abwertende oder menschenverachtende Aussagen – ist leichter zu erkennen als manche Arten von Alltagsrassismus.

Ein klarer Widerspruch hilft doppelt: Er signalisiert Betroffenen Solidarität. Und er gibt Mithörenden oder online Mitlesenden ein positives Beispiel von Zivilcourage und Zusammenhalt. Auch gute Argumente lassen sich so verbreiten.


Eigene Privilegien prüfen

Fragen wie „Woher kommst Du wirklich?“ nicht gestellt zu bekommen, ist ein Privileg. Genauso wie es ein Privileg ist, ganz selbstverständlich zum Bewerbungsgespräch oder zur Wohnungsbesichtigung eingeladen zu werden.

Mitmach-Aktion gegen Rassismus

Für eure Aktionen bieten wir euch viel Material und Ideen – egal ob für den Betrieb, fürs Netz oder für die Straße.

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Wer über Privilegien verfügt, nimmt sie oft kaum wahr. Sie werden als selbstverständlich empfunden. Erst der Vergleich mit anderen, die nicht über das Privileg verfügen, macht die Ungleichbehandlung sichtbar.

Dieses Beispiel der Autorin Noah Sow verdeutlicht, worum es geht:

„Die Menschen zu benennen und eigenmächtig in Grüppchen einzuteilen, ist ein Privileg der Weißen; vielen von ihnen ist das jedoch gar nicht klar. Denn es wird erlernt, ohne das es extra ausgesprochen werden muss.“ (Quelle: Noah Sow 2018, S. 35).

Die eigenen Privilegien hinterfragen: Das kann gegenseitiges Verständnis fördern – und Benachteiligung und Vorverurteilung entgegenwirken.


Zuhören und Glauben schenken

Um die eigene Aufmerksamkeit für Rassismus zu schärfen sollte man Betroffenen zuhören und Glauben schenken. Welche Erfahrungen schildern sie? Wie gehen sie damit um?

Wichtig dabei: Man sollte niemanden bedrängen, von eigenen Rassismus-Erfahrungen zu berichten.

Wer Rassismus-Erfahrungen öffentlich schildert, setzt sich oft heftiger Kritik aus – besonders in den sozialen Netzwerken. Dort werden die Berichte oft in Zweifel gezogen, mit Häme oder mit Anschuldigungen beantwortet. Sich hier einschalten, Anteilnahme zeigen, Gegenrede posten: Das kann helfen, das Klima in den sozialen Netzwerken zu verbessern.


Informieren und austauschen

Wer Rassismus entgegentreten will, braucht Wissen. Das gilt auch für Wörter und ihre Bedeutung. Beispiel: Der Begriff „Rasse“. Er steht zwar immer noch im Grundgesetz, ist aber für die Beschreibung von Menschen ungeeignet. Wissenschaftlich betrachtet gibt es keine menschlichen „Rassen“. Wer Menschen in verschiedene „Rassen“ einteilen will, handelt rassistisch.

Anderes Beispiel: Der Begriff „Ethnopluralismus“, den die neu-rechte „Identitäre Bewegung“ verwendet. Der Begriff mag für manche nach „Vielfalt“ klingen. Gemeint ist aber die Schaffung ethnisch und kulturell homogener, als einheitlicher oder „reiner“ Staaten. Dahinter steckt ein völkisches Denken, das Menschen mit Migrationsgeschichte ihr Wohn- und Lebensrecht in Deutschland abspricht.

Wer sein Wissen über (Alltags-)rassismus erweitern will findet im Internet viel Material, zum Beispiel bei der Amadeu Antonio-Stiftung.

Auf der Webseite der Initiative Respekt gibt es Ideen für antirassistische Aktionen und Seminarangebote.


Aktiv werden

Hier noch einige Ideen, um gegen Rassismus aktiv zu werden:

  • Auf igmetall.de gibt es Material, um online und offline Haltung gegen Rassismus zu zeigen (Social Media-Motive, Flyer, Plakatvorlagen usw.).
  • In vielen IG Metall-Geschäftsstellen gibt es Arbeitskreise zu den Themen Migration und Antirassismus.
  • Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet kostenlose Beratung für Betroffene von Diskriminierung an. Hintergrund: Diskriminierung ist in Deutschland verboten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt vor solcher Benachteiligung – im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften. Betroffene können gegen Diskriminierung je nach Einzelfall auch rechtlich vorgehen.
  • Im Betrieb können Aktive das AGG nutzen und zum Beispiel Beschwerdestellen einrichten oder Betriebsvereinbarungen zum „Partnerschaftlichen Verhalten am Arbeitsplatz“ vorantreiben.
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