In einem Kündigungsschutzprozess besteht kein Verwertungsverbot für solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die ein vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers beweisen sollen. Dies gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht in vollem Umfang den datenschutzrechtlichen Vorgaben entspricht.
Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers durch eine offene Überwachungsmaßnahme erfolgt zum einen durch die Verhaltensbeeinträchtigung und zum anderen durch die Dokumentation. Anders als bei einer verdeckten Überwachungsmaßnahme geht es nicht um den Schutz vor heimlicher Ausspähung, sondern nur um den Schutz vor Verwertung, Dokumentation und Verbreitung.
Ein Verwertungsverbot kommt nur in Betracht, wenn und soweit der Arbeitnehmer im Hinblick auf diese Zwecke schutzwürdig ist. Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber durch die vorhandenen Daten Kenntnis von einer vorsätzlich begangenen Pflichtverletzung erlangt und darauf reagieren will. Der Arbeitnehmer war durch die vorangegangene Überwachung und Aufzeichnung seines Verhaltens nicht an einem selbstbestimmten Handeln gehindert.
Vielmehr hat er sich – trotz Kenntnis der Überwachung – für die Begehung einer vorsätzlichen Straftat zu Lasten des Arbeitgebers entschieden. Die Bildsequenz kann im Kündigungsschutzprozess zum Tatnachweis herangezogen werden.
Hier geht es zum Volltext der BAG-Entscheidung vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22.