Die Erfüllung der Offenlegungspflicht nach Paragraf 1 Absatz 1 Satz 5 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und der Konkretisierungspflicht nach Paragraf 1 Absatz 1 Nummer 6 AÜG setzt voraus, dass bei Beginn der Überlassung ein formwirksamer Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorliegt.
Nach Paragraf 10 Absatz 1 Satz 1 AÜG kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in Paragraf 9 Absatz 1 AÜG genannten Gründe unwirksam ist. Dies ist nach Paragraf 9 Absatz 1 Nummer 1a AÜG nur dann nicht der Fall, wenn der Leiharbeitnehmer bis zum Ablauf eines Monats nach Beginn der Überlassung schriftlich gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem mit dem Verleiher geschlossenen Arbeitsvertrag festhalten will.
Der Unwirksamkeitsgrund des Paragrafen 9 Absatz 1 Nummer 1a AÜG ist erfüllt, wenn die Arbeitnehmerüberlassung entgegen Paragraf 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 AÜG nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist.
Die Erfüllung der Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten setzt einen formwirksamen Überlassungsvertrag zum Zeitpunkt des Überlassungsbeginns voraus. Vor Vertragsunterzeichnung ist ein nicht der Schriftform entsprechender Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gemäß Paragraf 125 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig.
Ein solcher formnichtiger Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wird nicht dadurch nachträglich wirksam, dass Verleiher und Entleiher nach Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers die Schriftform einhalten. Auch die Konkretisierung der Person des Leiharbeitnehmers knüpft an das Vorliegen eines Vertrages an und setzt damit einen formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu Beginn der Überlassung voraus.
Sinn und Zweck der Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten ist es, verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zu verhindern. Verleiher und Entleiher können nur dann wirksam Arbeitnehmerüberlassung betreiben, wenn sie sich offen und transparent dazu bekennen. Wenn sie ihre Zusammenarbeit nominell auf der Grundlage eines Werkvertrages o.ä. durchführen, obwohl sich die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses als Arbeitnehmerüberlassung erweist, können sie sich auch nicht mehr mit Erfolg auf das Vorliegen einer für diesen Fall vorsorglich vorgehaltenen Verleiherlaubnis berufen. Dieser „Fallschirmlösung“ soll durch die Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten begegnet werden. Der vermeintliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber sollen auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt werden als derjenige, der ohne die erforderliche Erlaubnis Arbeitnehmerüberlassung betreibt.
Hier geht es zum Volltext der BAG-Entscheidung vom 5. März 2024 – 9 AZR 204/23.