Ein wirksam abgeschlossener Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis zu dem darin vereinbarten Zeitpunkt. Ist ein Arbeitnehmer durch eine erhebliche Drucksituation zur Unterzeichnung veranlasst worden, kommt eine nachträgliche Anfechtung seiner Einverständniserklärung in Betracht. Diese setzt jedoch voraus, dass ein relevanter Irrtum vorgelegen hat oder die Unterschriftsleistung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung auf Arbeitgeberseite erreicht worden ist.
Die Drohung mit einer „außerordentlichen“ Kündigung ist dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.
Nicht erforderlich ist allerdings, dass die angedrohte Kündigung – wenn sie erklärt worden wäre – sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte. Nur wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Fall ihrer Erklärung einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er sie nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen.
Bei einer Drohung mit einer Strafanzeige kommt es darauf an, ob ein verständiger Arbeitgeber die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.
Im Streitfall über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages kommt es aber nicht nur darauf an, ob der schwierig zu führende Nachweis einer widerrechtlichen Drohung zur Überzeugung des Gerichts geführt werden kann. Aufhebungsverträge können auch wegen eines Verstoßes gegen das Gebot fairen Verhandelns unwirksam sein. Eine Verhandlungssituation ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts erst dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Wann dies der Fall ist, muss stets anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.
Unfair verhält sich ein Arbeitgeber beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer unter einem anderen Vorwand in das Zimmer des Vorgesetzten gebeten wird, um ihn dort mehrere Stunden in einer kreuzverhörähnlichen und von Außenkontakten isolierten Situation solange festzuhalten, bis er den Aufhebungsvertrag unterzeichnet.
Vom Arbeitgeber an dem Verhalten des Arbeitnehmers geäußerte Kritik und eine daraufhin eintretende Betroffenheit des Arbeitnehmers genügen jedoch für sich genommen noch nicht, um von einer rechtlich zu missbilligenden Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers auszugehen.
Anders verhält es sich bei der Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse.
Der Arbeitgeber ist allerdings nicht gehalten, ohne Vorliegen objektiver Anhaltspunkte von sich aus besondere Vorkehrungen in Hinblick auf die freie Entscheidungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu treffen und diesen beispielsweise nach einer etwaigen Medikamenteneinnahme zu befragen. Dies auch dann nicht, wenn die Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag während einer längeren Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers erfolgen.
Die Nutzung eines Überraschungsmoments kann zu berücksichtigen sein, also der Fall einer Überrumpelung.
Eine rechtlich zu missbilligende Einschränkung der Entscheidungsfreiheit ist jedoch nicht allein deswegen gegeben, weil der eine Auflösungsvereinbarung anstrebende Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Rücktritts- oder Widerrufsfrist einräumt.
Auch die vorherige Ankündigung, dass der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung angestrebt wird, ist nicht erforderlich.
Der Arbeitgeber verletzt seine Pflicht zur Rücksichtnahme auch nicht dadurch, dass er sein Aufhebungsvertragsangebot nur zur sofortigen Annahme unterbreitet und der Arbeitnehmer über die Annahme deswegen sofort entscheiden muss.
Nicht unfair soll es sein, wenn der Bitte nach Einräumung einer Bedenkzeit oder der Einholung eines Rechtsrats nicht entsprochen wird.
Die oben aufgeführten Konstellationen machen deutlich, wie schwer es ist, einem Arbeitgeber unfaires Verhalten nachzuweisen. Nur wenn der Arbeitnehmer bei objektivierter Betrachtung davon ausgehen muss, dass ihm nur noch eine Option – nämlich die Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag – verbleibt, um sich der Verhandlungssituation zu entziehen, ist seine Entscheidungsfreiheit unfair beeinträchtigt.
Führt der Arbeitgeber eine solche Situation herbei oder nutzt er eine solche von ihm vorgefundene Situation aus, verletzt er die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers zurechenbar und schuldhaft. Dann ist der Aufhebungsvertrag rechtsunwirksam.
Hier geht es zum Volltext der BAG-Entscheidung vom 24. Februar 2022 – 6 AZR 333/21.