So ganz genau wissen die Betriebsrätinnen und Betriebsräte nicht, wo sie sich hinstellen sollen, es herrscht Zögern. Der Boden ist in vier Felder aufgeteilt. In jedem Feld liegt eine Papierkarte mit unterschiedlichen Begriffen: „Heimvorteil“, „Green Performance“, „Verlängerte Werkbank“ und „Katerstimmung“. Es sind die zwei positiven und die zwei negativen Szenarien, die den Metallerinnen und Metallern zuvor vorgestellt wurden. Die Aufgabe ist nun, sich zu überlegen, welches dieser Szenarien für den eigenen Betrieb wahrscheinlich im Jahr 2035 eintreten wird und sich dort hinzustellen. Am Ende stehen die Betriebsrätinnen und Betriebsräte relativ gleichmäßig verteilt, vielleicht stehen etwas mehr auf den Feldern Green Performance und verlängerte Werkbank. Das zeigt, wie unterschiedlich die Lage in den Betrieben ist. Gemeinsam haben sie aber, dass die Zukunftssicherheit ihrer Betriebe von vielen Faktoren abhängt. In einer Session auf dem Maschinenbaugipfel 2024, der von der IG Metall und der Hans-Böckler-Stiftung organisiert wurde, fand dieses Ereignis so statt. Die Arbeit mit Szenarien gehört aber vor allem in die Betriebsratsbüros, Betriebsratsklausuren und in die Branchenarbeit, natürlich auch über den Maschinenbau hinaus.
„Szenarien sind keine Prognose und kein Wunschkonzert. Sie sind ein erster Schritt, sich mit dem zu beschäftigen, was da draußen ist, sagt Michael Stollt von der Hans-Böckler-Stiftung, der diese Szenarien zusammen mit Betriebsrätinnen und Betriebsräten und dem Maschinenbau-Team der IG Metall entwickelt hat. Der Wissenschaftler erklärt, warum Betriebsräte mit ihnen arbeiten sollten: „Szenarien geben Orientierung in einer offenen Zukunft. Aus ihnen kann man dann strategische Ableitungen treffen, wie man den Betrieb aufstellen sollte.“ Außerdem können die Szenarien genutzt werden, um mit dem Management ins Gespräch über mögliche Entwicklungspfade zu kommen und Handlungsfelder für die Mitbestimmung zu identifizieren und gemeinsam anzugehen.
Die Szenarien resultieren aus zwei Fragen: Wie geht es mit der Globalisierung weiter, also wird der Welthandel sich weiter verstärken oder „local-for-local“-Regelungen für eine Rückbesinnung auf den Binnenmarkt sorgen? Und zweitens mit der Frage: Mit welcher Wertschöpfungstiefe und mit welchem Umfang werden wir in Zukunft produzieren? Aus diesen zwei Fragen wurden beteiligungsorientiert vier detaillierte Szenarien entwickelt, wie Wirtschaft und Märkte im Jahr 2035 aussehen könnten. Es gibt sie in Papierform, aber auch vertont als MP3. Betriebsräte können mit diesen Szenarien arbeiten oder eigene entwickeln.
Nachdem die Szenarien festgelegt sind, geht es an die Arbeit. Die beginnt mit den Einstiegsfragen, die es dann zu beantworten gilt:
Stefan Haag, Betriebsratsvorsitzender der Gebr. Heller Maschinenfabrik in Nürtingen, hat die Szenarien mitentwickelt und angewendet: „Wir haben eine Betriebsratsklausur dafür genutzt, diese Szenarien durchzudenken.“ Seine Erfahrung: „Die Szenarien helfen zu überprüfen, ob man mit der eigenen Strategie auf dem richtigen Weg ist.“ Stefan Haag und seine Betriebsrats-Kolleginnen und -Kollegen konnten mit Hilfe der Szenarien einige Erkenntnisse für ihren Betrieb ableiten und wollen diese nun in Taten umsetzen. Nur eine Sache würde er heute anders machen: „Man sollte überlegen, dass man auch die Geschäftsleitung frühzeitig miteinbindet, sonst verstehen die nachher den Prozess nicht oder denken in anderen Szenarien in eine ganz andere Richtung.“
Die vier beschrieben Szenarien gibt es bei uns als Handout und als Hörversion, auch eine anleitende Präsentation haben wir für euch vorbereitet.
Auf der Webseite der Hans-Böckler-Stiftung bekommt ihr einen Werkzeugkasten, der Hilfe bei der Arbeit mit Szenarien bietet und Arbeitsschritte aufzeigt, wie Betriebsräte eigene Szenarien entwickeln können.