28. August 2023
Mitbestimmung
Neue Chipwerke in Dresden - kein Zufall, sondern harte Arbeit
Infineon baut für 5 Milliarden Euro ein neues Chipwerk in Dresden. Und nun kommt auch TSMC. Die EU fördert verstärkt die Chipproduktion in Europa. Dafür hat Infineon-Betriebsrat Johann Dechant hart gearbeitet, gemeinsam mit anderen Betriebsräten und der IG Metall. Sie würden gerne noch mehr tun.

Infineon baut für 5 Milliarden Euro ein neues Chipwerk in Dresden. Und nun kommt auch TSMC. Die EU fördert verstärkt die Chipproduktion in Europa. Dafür hat Infineon-Betriebsrat Johann Dechant hart gearbeitet, gemeinsam mit anderen Betriebsräten und der IG Metall. Sie würden gerne noch mehr tun.

Kollege Scholz, wir brauchen mehr Mitbestimmung, um die Zukunft unserer Arbeitsplätze zu sichern. Das gaben die Konzernbetriebsräte der 40-DAX-Unternehmen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Treffen vor ein paar Wochen mit auf den Weg. Mit dabei: Johann Dechant, neuer Konzernbetriebsratsvorsitzender und Mitglied des Aufsichtsrats beim Chiphersteller Infineon.

Bei Infineon haben Betriebsräte und IG Metall in den letzten Jahren einiges erreicht. Unter anderem investiert Infineon 5 Milliarden Euro in ein neues Werk in Dresden. Nun baut auch der Chiphersteller TSMC ein neues Chipwerk in Dresden, an dem neben Bosch und NXP auch Infineon beteiligt ist.

„Uns liegen unsere Standorte und Arbeitsplätze in Europa besonders am Herzen. Dafür haben wir im Aufsichtsrat viele Gespräche geführt“, erklärt Johann Dechant. „Unser Ziel ist es, Entscheidungen im Sinne der Mitarbeiter zu beeinflussen. Wir sind da auch viel näher dran, als das Management.“
 

Seit der Ausbildung vor 43 Jahren im Unternehmen

Johann Dechant ist seit 43 Jahren im Unternehmen. 1980 begann er im Werk Regensburg – damals noch Siemens – eine Ausbildung als Feingeräteelektroniker und arbeitete zunächst als Instandhalter in der damals brandneuen Produktion von Wafern für Speicherbausteine. Die Halbleiterfertigung wurde 1984 neu in Regensburg aufgebaut, nachdem 1200 Arbeitsplätze in der Kondensatorenfertigung an andere Standorte verlagert wurden.

„Als Ersatz erreichte der damalige Betriebsrat, dass die Fertigung von Chips zu uns nach Regensburg kam“, erinnert sich Johann Dechant. Er bildete sich weiter, wurde Sachbearbeiter im Equipment Engineering und optimierte Fertigungsanlagen. In den Betriebsrat wurde er 1990 gewählt, 1994 zum freigestellten Betriebsrat und 2015 zum Betriebsratsvorsitzenden. Da hatte Siemens bereits seine Halbleitersparte ausgegliedert – unter dem Namen Infineon.

Heute läuft es gut bei Infineon, in Regensburg haben wir aktuell unterschiedliche Auslastungen. Infineon profitiert stark von der Dekarbonisierung (Chips zur Reduzierung von CO2-Emissionen) und von der Digitalisierung - aber auch von den Lieferengpässen bei Halbleitern.
 

Unterwegs in Berlin und Brüssel für bessere Förderung

Johann Dechant und die Betriebsräte anderer Unternehmen arbeiten gemeinsam mit der IG Metall seit Jahren dafür, dass sich die Förderung durch die Politik verbessert. Dass die EU nun die europäische Halbleiterindustrie durch den „European Chips Act“ mit 50 Milliarden Euro stärkt, ist auch ihnen zu verdanken.

Wir waren mit Jürgen Kerner bei Vertretern der zuständigen Ausschüsse im Bundestag um die Fördermitteln für die Halbleiterindustrie zu forcieren. Dabei hatten wir gemeinsam mit Arbeitgebervertretern einen Gesprächskreis mit Politikern mehrerer Parteien“, berichtet Johann Dechant.

Und die Politiker haben erkannt, dass sie etwas tun müssen, um unabhängiger von den Chiplieferungen aus Asien zu werden. Es gibt jetzt nicht nur mehr Fördermittel für die Halbleiterindustrie, sondern auch für Regionen, die bislang keine Förderung bekamen, weil sie nicht als „strukturschwach“ gelten. Zudem wurde den Politikern verdeutlicht, es braucht auch die Genehmigung von einem sogenannten vorzeitigen Maßnahmenbeginn, damit die Unternehmen zügig investieren können und nicht mehr jahrelang auf Genehmigungen warten müssen.
 

Konzernbetriebsrat bringt Mitbestimmung an jeden Standort

„Wir sind sehr gut unterwegs. Infineon produziert Chips für Windräder, Solarparks und Elektroautos und viele weitere Anwendungen, die das Leben der Menschen einfacher und umweltfreundlicher machen“, erklärt der SPD-Lokalpolitiker, der als „Roter Hans“, Gemeinderat und ehemaliger stellvertretender Landrat in der Region bekannt ist „Den Konzernbetriebsrat bei Infineon haben wir gegründet, damit wir auch die Mitarbeiter anderer Standorte in die Mitbestimmung einbinden können. Und wir können rechtliche Regelungen schaffen, die einheitlich auch bei den Tochterunternehmen gelten.“

Ein Konzernbetriebsrat kann Betriebsvereinbarungen abschließen, die für alle Beschäftigten an allen deutschen Standorten des Konzerns gelten, auch an den Standorten, die sich bisher noch keinen Betriebsrat gewählt haben. Als KBR-Vorsitzender vertritt Johann Dechant die Interessen von 16 000 Beschäftigten deutschlandweit und im Aufsichtsrat von 56 000 weltweit.
 

Gute Arbeitsbedingungen sind weltweiter Wettbewerbsvorteil

Und im zunehmenden weltweiten Wettbewerb um Fachkräfte werden gute Arbeitsbedingungen immer wichtiger, betont Dechant. Am Standort Regensburg arbeiten Beschäftigte aus 47 Nationen. Und gerade für die Jüngeren hat die Work-Life-Balance einen immer größeren Stellenwert. Es gibt viele KollegInnen die am liebsten nur noch vier Tage in der Woche arbeiten würden. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, mehr Zeit mit der Familie, Pflegebedürftige Angehörige versorgen usw.

Wer Fachkräfte will, muss ihnen auch etwas bieten. Das haben die Betriebsräte auch Kanzler Scholz erklärt.
 

Infineon-Betriebsräte regeln Einsatz von KI

Gerade haben die Betriebsräte bei Infineon auch eine Vereinbarung zum sensiblen Umgang mit sogenannter Künstlicher Intelligenz (KI) abgeschlossen.

Die Nutzung von KI wird zukünftig auch bei Infineon immer mehr Einsatzmöglichkeiten im Arbeitsalltag beinhalten. In der Gesamtbetriebsvereinbarung wurde geregelt, dass im Interesse und zum Schutz der Mitarbeiter ein verantwortungsvoller und transparenter Umgang mit solchen KI-Systemen stets höchste Priorität hat, um sowohl ethischen als auch rechtlichen Anforderungen beim Einsatz solcher Systeme hinreichend gerecht zu werden.

Mit der Regelung vereinbarten Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat daher gemeinsam ein im Einklang mit den zukünftigen EU-Vorgaben stehendes Manifest mit sechs wesentlichen Grundprinzipien zur Nutzung und zum Einsatz von künstlicher Intelligenz bei Infineon - das sogenannte Infineon KI-Manifest. Dieses Infineon KI-Manifest stellt zukünftig mit seinen Grundprinzipien den Mindeststandard für die Einführung von KI-Systemen bei Infineon dar und kann dadurch gewährleisten, dass die Nutzung und der Einsatz von KI-Systemen keine negativen Auswirkungen auf die Sicherheit, Gesundheit und die Grundrechte der Mitarbeiter von Infineon hat
 

„Wir brauchen mehr Mitbestimmung“

Doch um Entscheidungen noch mehr im Sinne der Beschäftigten zu beeinflussen, brauchen Betriebsräte noch mehr Mitbestimmung, etwa bei der strategischen Personalplanung, betont Johann Dechant. „Deshalb finde ich auch die Initiative Mitbestimmung der DGB-Gewerkschaften und ihre Vorschläge für gesetzliche Reformen so wichtig. Das haben wir auch Kanzler Scholz noch einmal ans Herz gelegt.“


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