Nur der „Bungee-Run“ musste wegen Regen ausfallen. Die lokalen Medien berichteten über „Volksfeststimmung“ bei der Warnstreikdemo am 11. November auf dem Rathausplatz in Frankenthal/ Rheinland-Pfalz. 1200 Beschäftigte dem Aufruf der IG Metall trotz Regen gefolgt – mehr als 1000 weitere hat sie damit in den sozialen Medien erreicht. Je 1000 waren das Ziel des Aktivenkreises der IG Metall Lufwigshafen-Frankenthal, der die Warnstreikdemo organisiert hat.
„Wir sind mit vier vollen Bussen gekommen, das hatten wir noch nie“, berichtet Ali Eligül, Betriebsrat und Vertrauenskörperleiter von BorgWarner Turbo Systems in Kirchheimbolanden, der auch ehrenamtlicher zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ludwigshafen-Frankenthal ist. „Wir hatten super Rückmeldungen zur Warnstreikdemo: mal anders. Die Vorbereitung in unseren Aktiventreffen hat sich gelohnt.“
Die Warnstreikdemo haben über 30 Vertrauensleute, Betriebsräte, Kolleginnen und Kollegen aus der JAV und der SBV seit dem Frühjahr in den Aktiventreffen der IG Metall Ludwigshafen-Frankenthal („Lu-Ft“) gemeinsam mit zwei Künstlerinnen konzipiert - und dazu Projektstrukturen aufgebaut: Sie haben einen Projektplan erstellt, Arbeit verteilt, Slogans entwickelt, Plakate erstellt, sowie ihre eigenen WhatsApp-Gruppen und externe Medien bespielt.
Die Aktiventreffen gibt es seit Januar 2022. Das erste gemeinsame Projekt des Aktiventreffens war ein gemeinsamer „Blitz“ vor zwei Jahren. Die Idee: Aktive aus anderen Betrieben unterstützen bei der Ansprache. Mittlerweile treffen sich die Aktiven einmal im Monat für einen ganzen Tag, finanziert über Paragraph 37.2 Betriebsverfassungsgesetz und Verdienstausfall. Sie berichten dort, was in ihren Betrieben los ist, wie sie Themen angehen.
Das Ergebnis: Die Aktiven in den Betrieben der IG Metall-Geschäftststelle Lu-Ft sind deutlich besser vernetzt. Über die WhatsApp-Gruppe des Aktivenkreises fließen die Information in die Betriebe und zurück. In allen Betrieben gibt es digitale Kommunikationsplattformen, meist WhatsApp-Gruppen. So tauschen sich die Aktiven aus, unterstützen sich und besuchen sich gegenseitig in ihren Betrieben und gehen gemeinsam vor.
„Wenn jemand in die WhatsApp-Gruppe schreibt: Leute ich brauch Unterstützung beim Flyer verteilen, dann sind fünf Leute da“, berichtet Marie Grigo vom Gemeinsamen Erschließungsprojekts des IG Metall-Bezirks Mitte, die den Geschäftsstellenprozess und die Aktiventreffen in der Geschäftsstelle unterstützt. „Solidarität und an einem Strang ziehen ist das, was die Aktiventreffen tatsächlich prägt. Wenn Du als Betriebsrat juristisch nicht mehr weiterkommst, etwa in Abwehrkämpfen, dann brauchst Du politische Antworten und Solidarität.“
Und sie entwickeln ihre Arbeit und ihre Kommunikation ständig weiter: In ihren digitalen Kanälen teilen die Aktiven nun auch selbst produzierte Videos. Das haben sie gemeinsam auf dem Vertrauensleute-Bildungsblitz der IG Metall Lu-Ft im Frühjahr gelernt und erarbeitet.
Mittlerweile haben die Aktiven eine Reihe von Projekten auf die Beine gestellt. Etwa das Jugend-Projekt, in dem die Aktiven gemeinsam mit dem Ortsvorstand Begrüßungsrunden für die neuen Auszubildenden konzipiert haben, aufbauend auf dem Konzept der IG Metall Jugend und erweitert durch Erfahrungen und Konzepte aus den Betrieben der Geschäftsstelle.
„Wir wollen damit ab nächstem Jahr durchstarten uns dabei gegenseitig unterstützen, so wie wir es schon in der Blitzwoche und dann auch bei Jugendversammlungen gemacht haben“, erklärt Lea Hahn, Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei Howden Turbo in Frankenthal, die auch Mitglied des Ortsvorstands ist. „Ich war bisher bei fast jedem Aktiventreffen dabei – wegen dem Gemeinschaftsgefühl, dem Netzwerkaustausch, den Infos und Erfahrungen, die Du für Dich nutzen kannst. Ali [Eligül] etwa hat uns viel über Projektmanagement beigebracht. Zudem habe ich mehr Selbstreflexion gelernt, etwa aus Fehlern zu lernen, wie es besser geht - und dass Du mit Überzeugung in den Betrieb gehen musst, um etwas zu erreichen.“
Dass die Arbeit der Aktiven so gut funktioniert, liegt aus Sicht von Birgit Mohme, der Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Lu-Ft vor allem daran, dass die Geschäftsstelle sie auch machen lässt und ihnen Verantwortung überträgt. Der neu gewählte Ortsvorstand hat in seiner Klausur Anfang Juli dafür noch einmal die Weichen gestellt. „Wir stehen vor großen Herausforderungen in den Betrieben. Um dafür gut aufgestellt zu sein, ist eine Veränderung unserer Zusammenarbeit unabdingbar“, erklärt Birgit Mohme. „Wir haben uns im Rahmen unseres Geschäftsstellenprozess daher bewusst dafür entschieden: Wir gehen solidarisch in die Offensive – und lassen unsere ehrenamtlich Aktiven gestalten und mitentscheiden.“