Die IG Metall setzt sich für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen weltweit ein. Seit 2008 ruft der Internationale Gewerkschaftsbund am 7. Oktober zum Welttag für menschenwürdige Arbeit auf. Die IG Metall nutzt diesen Tag, um auf schlechte Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Handlungsbedarf gibt es in vielen Ländern und Branchen. Überall auf der Welt nimmt prekäre Beschäftigung zu. Die Gewerkschaften organisieren deshalb am 7. Oktober weltweit Aktionen, Veranstaltungen und Aktivitäten, um menschenwürdige Arbeit und die uneingeschränkte Achtung der Arbeitnehmerrechte zu fordern.
In der Automobilzuliefererindustrie in Tunesien gibt es in vielen Firmen beim Kabelbaumbau oder im Bereich Elektro/Elektronik eine hohe Anzahl von befristet Beschäftigten. Die Verträge werden immer wieder verlängert. Der maximale gesetzliche Zeitraum für Befristungen ist vier Jahre. Danach müssen sie fest angestellt werden. Einige Firmen verlängern diesen Zeitraum illegal weiter oder unterbrechen den Einsatz für eine gewisse Zeit, um sie danach wieder neu befristet anzustellen.
In Marokko wird ein vom Staat subventioniertes Ausbildungsprogramm (ANAPEC) missbraucht, um einen Großteil der Beschäftigten als günstige, sog. Trainees oder Auszubildende einzustellen. Sie sind schnell angelernt und dienen als vollwertige Arbeitskräfte. Bei manchen Firmen hat die Hälfte der Belegschaft solche sog. Ausbildungsverträge. Ihre Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis ist nicht garantiert. Meist werden sie gegen neue „Azubis“ ausgetauscht.
In Indien arbeiten rund 90 Prozent aller Arbeiter*innen im informellen Sektor. Prekäre Arbeitsbedingungen stehen hier ohne Zweifel in allen möglichen Facetten an der Tagesordnung. Auch in der Automobilbranche – mit sehr begehrten Arbeitsplätzen, die im Vergleich zu anderen Branchen und zur informellen Arbeit, durchaus gute Arbeitsbedingungen bieten – ist es seit Jahren de facto zum Branchenstandard geworden, dass kaum oder keine neuen unbefristeten Arbeitsverträge mehr zu Stande kommen. Derzeitige Realität ist, dass Arbeiter*innen als eine Art dauerhafte Trainees eingestellt werden oder auch ohne den „Trainee-Status“ einen befristeten Vertrag nach dem anderen erhalten. Niedrigere Löhne sowie weniger betriebliche Sozialleistungen sind die Folgen. Die Dauerbefristung sorgt für Unsicherheit und Angst vor Jobverlust.
Daraus resultiert weiterhin: Leitarbeitnehmer*innen oder befristet angestellte Arbeiter*innen organisieren sich deutlich seltener in Gewerkschaften aus Angst, dass deshalb der Vertrag nicht verlängert wird. Im Falle Indiens speziell kommt hinzu, dass fast alle Gewerkschaften ihre Mitglieder fast ausschließlich aus der Gruppe der unbefristet beschäftigten Arbeiter*innen speisen. Erkämpfte Verbesserungen gelten oftmals nur für die permanent angestellte Gruppe der Arbeiter*innen, die seit Jahren kleiner wird, was die Arbeiter*innen spaltet und den Arbeitgeber*innen in die Hände spielt.
Auch in vielen Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas werden mangels heimischer Arbeitskräfte, die in den Westen ausgewandert sind, aktuell Beschäftigte aus Drittländern über dubiose Agenturen eingestellt, d.h. mit befristeten Verträgen, ohne Möglichkeit, die Verträge zu verlängern, Familien mitzubringen. Häufig sind sie in Containern untergebracht und wohnen unter unwürdigen Umständen. Viele wissen auch nicht, wie lange sie bleiben dürfen.
Um gegen prekäre Beschäftigung vorzugehen sind auch die Betriebsräte gefragt. Betriebsräte können in ihren Netzwerken mit ausländischen Standorten, in Weltklnzernbetriebsräten und EBRs sowie im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auch bei ihren Zulieferern thematisieren bzw. anfragen und dann gemeinsame Maßnahmen überlegen, wenn Missstände in bestimmten Regionen oder Ländern verstärkt auftreten.
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