Arbeitsbedingungen bei Eberspächer in den USA
Irgendwann war das Maß voll

Es grummelte schon länger bei Eberspächer im US-Bundesstaat Michigan. Zwölf-Stunden-Schichten und niedrige Löhne sind dort an der Tagesordnung. Die Gewerkschaft UAW konnte sich bei einer Abstimmung gegen rüde Methoden des Managements durchsetzen und hat nun einen Fuß in der Tür.

12. Dezember 201712. 12. 2017


Die Chefs vor Ort wollten unbedingt gewerkschaftliche Präsenz am Eberspächer-Standort Brighton verhindern. Doch am 16. November 2017 lief es anders als von ihnen geplant. Die US-amerikanische Automobilarbeitergewerkschaft United Autoworkers (UAW) entschied die Gewerkschaftswahl am Standort in Brighton klar für sich. 223 Mitarbeiter aus Produktion und Instandhaltung stimmten für eine gewerkschaftliche Interessenvertretung, 98 Beschäftigte wandten sich dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 86 Prozent. Dem Urnengang vorausgegangen war eine massive antigewerkschaftliche Kampagne des Managements.


Lange Schichten und Überstunden

Die Unternehmensleitung hatte jedoch nicht mit der Entschlossenheit der Belegschaft in Produktion und Instandhaltung gerechnet. Die Belegschaft war schon länger unzufrieden wegen langer Arbeitszeiten. Oft müssen die Beschäftigten sieben Tage lang zwölf Stunden arbeiten. Überstunden werden kurzfristig angesagt oder gecanceled. Stagnierende Löhne und schlechte Kommunikation, steigende Zuzahlungen zur Krankenversicherung und hohe Fluktuation kamen hinzu. Irgendwann war das Maß voll und es entstand der dringende Wunsch, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

 

 

Die Kollegen beim Eberspächer-Standort in Torgelow zeigten sich solidarisch mit den Beschäftigten in den USA. Foto: IG Metall

 


Laut US-Arbeitsgesetzgebung müssen Gewerkschaften die Unterstützung von über 50 Prozent einer Belegschaft nachweisen, bevor sie als Tarifpartei anerkannt werden. Bis dahin ist es meist ein weiter Weg. Zum einen, weil Gewerkschaften vor ihrer offiziellen Anerkennung grundsätzlich keinen Zutritt zum Betrieb haben. Zum anderen, weil in aller Regel das jeweilige Management versucht, die gewerkschaftliche Aufbauarbeit im Betrieb konsequent zu unterbinden und die Mitarbeiter einzuschüchtern. Die schwachen Arbeits- und Gewerkschaftsrechte in den USA öffnen dafür Tür und Tor.

In einer solchen Situation war es für die Moral der Kolleginnen und Kollegen in Brighton von großer Bedeutung, dass sich die IG Metall und die Betriebsräte an den Standorten Esslingen, Neunkirchen und Torgelow solidarisch erklärt haben. „Es geht bei Eurem Kampf nicht nur um Brighton, sondern um Eberspächer weltweit“, hieß es in einem Schreiben der Betriebsratsvorsitzenden Denis Rogge und Wilfried Clementz aus Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern. Und weiter: „Ginge Euer Kampf verloren, wäre Brighton nur der Anfang! Überall legt Eberspächer den Kolleginnen und Kollegen die Fesseln an.“ Eine Angleichung der Arbeitsbedingungen verhindert, dass die einzelnen Standorte gegeneinander ausgespielt werden können.


Solidarität der deutschen Kollegen

Die UAW-Kolleginnen und Kollegen aus Brighton wiederum revanchierten sich mit einer Solidaritätsbotschaft anlässlich des Warnstreiks der Beschäftigten in Torgelow im Oktober. Denn auch hier widersetzt sich das Management seit mehreren Jahren fairen Löhnen und einem Tarifvertrag. Die Neuerschließung des Standortes von Eberspächer in Brighton ist bereits der zweite Organizing-Erfolg im Rahmen der Transnationalen Partnerschaftsinitiative (TPI) von IG Metall und UAW innerhalb von nur eineinhalb Jahren. Schon Ende August 2016 hatten die Beschäftigten des deutschen Zulieferers Kirchhoff in Lansing im Bundesstaat Michigan mehrheitlich für die UAW votiert.

Bei der antigewerkschaftlichen Kampagne in Brighton hatte das Management von Eberspächer über Wochen sogenannte „Union Buster“ im Einsatz. Das sind auf die Bekämpfung von Gewerkschaften spezialisierte Anwälte und Wirtschaftskanzleien. Deren Aufgabe war es, die Belegschaft zu verunsichern und unter Druck zu setzen. Bei der antigewerkschaftlichen Kampagne wurden alle Register gezogen. Es wurden Material und Buttons mit der Aufschrift „Eberspächer vote no“ verteilt und die Belegschaft in verpflichtenden Versammlungen versucht „einzunorden“. Schließlich wurden sogar drei Arbeiter entlassen.

Nach Einschätzung der UAW geschah dies wegen ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten. Jetzt klagt die UAW vor der nationalen Arbeitsbehörde, dass sie wieder eingestellt werden. Worum es dem Management mit seinen rüden Maßnahmen ging, gaben die lokalen Geschäftsführer in einem Schreiben an die Beschäftigten in Brighton unumwunden zu: „Der Wettbewerbsvorteil, gewerkschaftsfrei zu sein, soll erhalten bleiben.“ Das Ergebnis der Abstimmungswahl zugunsten der UAW hat gezeigt, dass sich das Management mit dieser Strategie gründlich verrechnet hat.

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