Entgeltgerechtigkeit bei Festo
Kulturwandel für mehr Chancengleichheit

Betriebsrätinnen bei Festo in Esslingen kämpfen für mehr Chancengleichheit und Entgeltgerechtigkeit von weiblichen Beschäftigten. Für ihr Engagement wurden sie beim deutschen Betriebsrätepreis ausgezeichnet.

1. März 20131. 3. 2013


„Als wir den dritten Platz beim Betriebsrätepreis für Entgeltgerechtigkeit bekamen, waren wir überwältigt von der großen Resonanz“, sagt Betriebsrätin Monika Heim von Festo in Esslingen. „Das Thema wurde in der Öffentlichkeit und im Betrieb intensiv diskutiert.“ Durch die Auszeichnung hat die Arbeit des Betriebsratsausschusses Arbeit und Familie nun neuen Auftrieb bekommen. Eines der größeren Projekte für die nahe Zukunft ist die Ausarbeitung einer Betriebsvereinbarung zu Homeoffice. Ziel ist es, den Beschäftigten, die Teilzeit arbeiten, stunden- oder tageweise die Arbeit zu Hause zu ermöglichen und dadurch auf eine höhere Arbeitszeit ingesamt zu kommen. Bestimmte Tätigkeiten kann man genauso zu Hause erledigen. Mit dieser Betriebsvereinbarung soll für alle Beschäftigten die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie ermöglicht werden.

Betriebsrätin Heim hofft, dass nicht nur Frauen das nutzen, sondern auch Männer. Außerdem will sie dem entgegenwirken, dass Teilzeitbeschäftigte tendenziell eher für weniger qualifizierte Tätigkeiten abrutschen und die anspruchsvolleren Jobs mit Leitung und Führungsverantwortung nur an Vollzeitbeschäftigte gehen. Mit der Möglichkeit des Homeoffice soll also verhindert werden, dass Teilzeit zum Karrierekiller wird. Heim und ihre Kollegen haben sich außerdem vorgenommen, mehr Frauen in den Bereich der übertariflich Beschäftigten zu holen.


Analyse der Personaldaten

Begonnen hatte das Engagement des Ausschusses Familie und Beruf bei Festo damit, dass geprüft wurde, ob und gegebenenfalls wo sich Diskriminierung in ihrem Betrieb manifestiert. Dazu erstellte das Personalwesen unter Beteiligung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten eine Datei mit anonymisierten Personaldaten. Dabei wurden folgende Merkmale berücksichtigt: Geschlecht, Entgeltgruppe, Alter, Betriebszugehörigkeit, Arbeitszeit und Abteilung. 2011 erfolgte die Auswertung durch das IMU-Institut Stuttgart.

Die Analyse der Daten zeigt, dass bei gleicher Aufgabenstellung Männer und Frauen gleich bezahlt werden, es aber eine Ungleichbehandlung bei der Aufgabenverteilung gibt. Bei der Untersuchung der Eingruppierungen stellen sich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen so dar: Bei den unteren Entgeltgruppen sind Frauen deutlich überrepräsentiert. Auch bei den mittleren Entgeltgruppen, denen üblicherweise kaufmännische Ausbildungen zugrunde liegen, stellen Frauen den Hauptanteil. Bei den höheren Entgeltgruppen sind weibliche Beschäftigte dagegen wenig vertreten.

Noch deutlicher ist die Situation bei den übertariflich bezahlten Mitarbeitern. Bei den ÜT-Beschäftigten dominieren Männer. 94 Prozent der ÜT-Beschäftigten sind männlich, nur 6 Prozent weiblich. „Deutlicher kann man es nicht zeigen, dass Frauen insgesamt noch lange nicht gleichgestellt sind“, sagt Betriebsrätin Monika Heim. „Es gibt keine bewusste Diskriminierung von Frauen. Aber da, wo es um Leitung und Führungsverantwortung geht, die dann auch besser entlohnt wird, stoßen sie an eine gläserne Decke.“


Unterstützung der Firmenleitung

Nicht nur bei der Aufgabenverteilung und der damit verbundenen Bezahlung werden Frauen ungleich behandelt. Auch bei der Frage befristet oder fest angestellt, sind Frauen benachteiligt. 14 Prozent der Frauen haben bei Festo einen befristeten Arbeitsvertrag, aber nur 6 Prozent der Männer. Den höchsten Anteil der befristet Beschäftigten weist der Produktions- und Montagebereich auf. Hier ist die Mehrheit weiblich, nämlich 57,5 Prozent. Der Personalausschuss achtet seit der Auswertung nun genau darauf, dass Frauen mindestens entsprechend ihrem Anteil an Befristeten auch entfristet werden.

„Wir gehen das Thema Chancengleichheit und Frauenförderung systematisch im Unternehmen an“, sagt Monika Heim. „Das Unternehmen ist dafür aufgeschlossen und unterstützt unser Anliegen. Wir wissen, dass das seine Zeit braucht. Schließlich geht es um einen fundamentalen Kulturwandel, um nicht mehr und nicht weniger.“

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