Direktor des Zentrums für Arbeitsbeziehung und Arbeitsrecht
Volker Rieble

Der Jurist Volker Rieble ist Professor für Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Direktor des Zentrums für Arbeitsbeziehung und Arbeitsrecht (ZAAR), das Arbeitgeberverbände über eine Stiftung mit 55 Millionen Euro ausgestattet haben.


Rieble zählt zum Kreis der Hochschullehrer, die scheinbar unabhängig und im Dienst von Forschung und Lehre auftreten, sich aber tatsächlich von Arbeitgebern finanzieren lassen. Mit ZAAR steht den Unternehmen ein Arbeitsrechtsprofessor einer renommierten Hochschule zur Seite, der sie in Sachen Lohndumping schult und zum Streikbrechereinsatz durch Leiharbeiter ermuntert. Ähnlich wie die INSM (Initiative neue soziale Marktwirtschaft) handelt es sich bei ZAAR um eine verdeckt arbeitgeberfinanzierte Einrichtung. Mit Randolf Rodenstock gibt es personelle Überschneidungen zwischen INSM und dem Stiftungskuratorium.


Berufliche Stationen
Rieble, Jahrgang 61, studierte Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, promovierte 1989 und habilitierte sich 1996. Von 1989 bis 2004 war er Hochschullehrer an der Universität Mannheim, danach wechselte er an die Universität München zu ZAAR. Er zählt zu den „bedeutenden Mitgliedern“ des Corps Rhenania Freiburg, einer pflichtschlagenden Studentenverbindung mit dem Wappenspruch „Brudertreue trennt nur der Tod“.


Die Stiftung StAR

Die gemeinnützige Stiftung für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht (StAR) – gemeinsam mit der Universität München im Jahr 2003 errichtet – finanziert und steuert das Forschungszentrum ZAAR. Gründungsstifter sind der bayerische und baden-württembergische Metallarbeitgeberverband und der Bundesarbeitgeberverband Chemie. Das Stiftungsvermögen beträgt 55 Millionen Euro.


In der Stiftungssatzung wird zwar die wissenschaftliche Unabhängigkeit von den Geldgebern betont. Und auch die Münchener Universität versucht den Anschein von Ausgewogenheit „zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen“ zu erwecken. Doch deutlich ist, dass weder die Berufung eines Professors noch Forschungsprojekte dem Zufall überlassen werden. Dafür sorgt die Mehrheit von Arbeitgebervertretern in jedem Stiftungsgremium:

  • im Stiftungsrat (zuständig fürs Vermögen) sind ausschließlich drei Hauptgeschäftsführer von Arbeitgeberverbänden vertreten
  • im Kuratorium (beruft den ZAAR-Direktor) drei, von Stiftern bestellte Mitglieder, ebenfalls Arbeitgeberverbandsvertreter
  • Beirat (berät den Stiftungsvorstand) mit sechs Vertretern aus Arbeitgeberverbänden sowie Siemens und Bosch

Und wer entscheidet, wer Professor beim ZAAR wird? Die Berufung läuft – wie sonst üblich – über eine Kommission der Universität, der kein Stifter angehört. Kaum berufen, wird der neue Professor jedoch beurlaubt und bei der Stiftung angestellt. Der Vorteil für die Universität: Sie erhält drei Professoren, für die nicht sie, sondern die Arbeitgeber aufkommen. Und die Stiftung hat damit sichergestellt, dass der universitäre Anstrich gewahrt bleibt.

Die Folgen:
Arbeitgeberfreundliche Forschung, arbeitgeberfreundliche Studien, arbeitgeberfreundliche Nachwuchsförderung. ZAAR sei „eine Art verlängerte Rechtsabteilung der Arbeitgeber mit dem Siegel einer staatlichen Universität“ (Tageszeitung, 2. Juli 2011).

Offiziell geht es der Stiftung darum, mit ZAAR „Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts“ zu fördern. Was sich die Gründungsstifter tatsächlich erwarten, erklärte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der BASF, Eggert Voscherau, für die Chemiearbeitgeberverbände bei der Gründung: Arbeitsrecht sei in erster Linie Arbeitnehmerschutzrecht mit „kontraproduktiven Wirkungen“ auf den Arbeitsmarkt. Voscherau zeigte sich besorgt um den Standort Deutschland und forderte die „Funktionseliten“ zum Handeln auf.

Das Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht hat drei Abteilungen mit jeweils einem Leiter, der gleichzeitig Professor an der Münchener Hochschule ist, etwa Volker Rieble. Dazu fast zwei Dutzend wissenschaftliche Mitarbeiter. Das Zentrum veranstaltet Kongresse („Zukunft der Zeitarbeit“, etwa mit dem Generalsekretär des Christlichen Gewerkschaftsbundes als Referenten), Tagungen und Vortragsreihen, die Ludwigsburger Rechtsgespräche („Kartellrecht und Arbeitsmarkt“) und produziert juristische Leitfäden („Rechtschutz gegen Mindestlöhne“).

Die Stoßrichtung ist klar: Wie etwa Arbeitgeber einen Streik für einen Tarifsozialplan verhindern können (Neue und besondere Verhandlungsstrategien bei Restrukturierungen), wie Betriebsratsmitglieder abgemahnt, außerordentlich gekündigt, strafrechtlich verfolgt und des Amtes enthoben werden oder ganze Gremien aufgelöst werden können („Rechtsschutz vor dem Betriebsrat“).

Nicht anders die Forschungsprojekte, die sich mit „außerordentlichen Kündigungen Unkündbarer“ beschäftigen, der „stark reglementierten und inflexiblen“ Mitbestimmungsordnung oder der „Modernisierung des Arbeitskampfrechts zu einem Tarifverhandlungsrecht“.


„Kein Betriebsrat, kein Tarifvertrag“

Bis 2010 veröffentlichte Rieble Kolumnen mit Titeln wie „Mehr Spaß ohne Tarif“, in denen er über Tarifflucht „als notwendiges Korrektiv gegenüber der Tarifmacht der Verbände“ schreibt. Ganz besonders hat ihm es die Leiharbeit angetan. Kommunale Arbeitgeber ermunterte er dazu, Leiharbeiter gegen streikende Erzieherinnen einzusetzen. Für ihn ist Leiharbeit die ideale Alternative zu Befristungen. „Zeitarbeit nimmt dem Einsatzbetrieb die Rechtslasten ab und mindert so die Transaktionskosten“. Der Einsatzbetrieb könne sich auf sein Wert schöpfendes Kerngeschäft konzentrieren „und die fröhliche Beschäftigung mit Arbeitsrecht, Arbeitsrichtern und Anwälten anderen Frohnaturen überlassen.“

Von den Vorteilen („eine als diebische Elster verdächtigte Mitarbeiterin kann der Arbeitgeber an den Verleiher zurückgeben“) rückt er allerdings ab, als „das Bundesarbeitsgericht den Betriebsräten eine neue Waffe gegen den Einsatz von Zeitarbeitnehmern in die Hand gegeben“ habe. Nun, da sich Zeitarbeit erschwere, öffneten sich „Überlaufventile in andere Formen arbeitsteiligen Wirtschaftens“. Rieble favorisiert jetzt den Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten. Auch eine Kombination von Industriedienstleistung und Zeitarbeit sei möglich. „Beim Industriedienstleister gibt es meist keinen Betriebsrat und auch keinen Tarifvertrag.“


Anleitung zum Lohndumping
Ein unerwartetes Medienecho gab es auf die ZAAR-Tagung im September 2011 mit dem harmlosen Titel „Freie Industriedienstleistungen als Alternative zur regulierten Zeitarbeit“. Was vor allem daran lag, dass der IG-Metall-Rechtsanwalt Dieter Stang unerkannt an der Veranstaltung teilnahm, worüber die Wochenzeitung „ZEIT“ und die „Frankfurter Rundschau“ berichteten, allerdings ohne die Finanzierung von ZAAR durch Arbeitgeberverbände zu nennen. Siemens, BASF, Porsche, BMW, die Deutsche Bahn, Robert Bosch, Metro, Randstad, Manpower, Anwälte von Großkanzleien – sie alle wollten wissen, wie „ohnehin billige Leiharbeiter durch noch billigere Beschäftigte“ zu ersetzen sind (ZEIT, 8. Dezember 2012). Dabei wurde präzise erklärt, welche juristischen Klippen zu umschiffen seien, wenn Stammpersonal oder Leiharbeiter durch Werkvertragsarbeitnehmer ersetzt werden sollen. „Das war eine Anleitung zum Lohndumping“, kommentierte Stang von der IG Metall in der ZEIT. Rieble beklagte die „sinkende Attraktivität“ im Bereich der Leiharbeit. Nach dem CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts und unter dem „Damoklesschwert des Branchenmindestlohns“ sei „ein Lohnunterbietungswettbewerb mit ihr“ nicht mehr zu gewinnen.


Im Dienst der Arbeitgeber
Auffällig oft setze sich Rieble für die Sache der Arbeitgeber ein, wenn er sich öffentlich äußere, bemerkte die „Tageszeitung“ in einem Artikel vom 2. Juli 2011, in dem sie die Verflechtungen zwischen Arbeitgeberverbänden, Forschungszentrum, Stiftung und Rieble offenlegte. So bezeichnete Rieble die Berliner Kassiererin – auch „Emmely“ genannt – als „notorische Lügnerin“. Der Frau war gekündigt worden, weil sie angeblich Pfandbons eines Kunden in Höhe von 1,30 Euro mit einem privaten Einkauf verrechnet hatte. In der „Neuen Juristischen Wochenschrift“ forderte Rieble die Berliner Staatsanwaltschaft auf, gegen die Kassiererin wegen „Vortäuschens einer Straftat“ zu ermitteln. Sie sei nicht nur „hinreichend verdächtig, sondern überführte Täterin“.


Nach Angaben des Nachrichtenmagazins Spiegel (43/2008) war Rieble für Wilhelm Schelsky, tätig, ehemals Chef der Scheingewerkschaft AUB. In seinem Auftrag soll er einen Vortrag zum Thema „Beschäftigungssicherung durch Tarifvertrag“ gehalten und dafür im Dezember 2002 ein Honorar von 2.900 Euro gefordert haben.

[Zitat:]
„Wer heute Unternehmen neu gründet, Betriebe neu ansiedelt, muss schon sehr gute Gründe haben, um sich für den Tarifvertrag zu entscheiden. Gerade weil man ihn so schwer wieder los wird, wird die Tarifbindung als infektiös empfunden.“ Volker Rieble, Kolumne „Mehr Spaß ohne Tarif“, April 2010.

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