Frauen im Betriebsrat
Unser Ziel ist es, den Frauenanteil zu erhöhen

Eine Betriebsrätin der älteren Generation geht in den Ruhestand, eine junge kandidiert zum ersten Mal. Was bedeutet für die beiden Betriebsratsarbeit?

9. März 20189. 3. 2018


Seht Ihr Euch im Betriebsrat vor allem als Vertreterinnen der Frauen?
Katja Herkert: Ich werde mich, wenn ich gewählt werde, als Interessenvertreterin aller Beschäftigten verstehen. Aber ich bin im Frauenteam der IG Metall Schweinfurt sehr aktiv. Themen wie Chancengleichheit und gerechte Entgelte, also zum Beispiel die Umsetzung des Entgelttransparenzgesetzes, werden auf jeden Fall zu meinen Schwerpunkten gehören.

Gabriele Trittel: Ich hatte schon vor meiner Betriebsratszeit als Vertrauensfrau und Kommunalpolitikerin viel mit Gleichstellungspolitik zu tun. Darum habe ich im Betriebsrat und Konzernbetriebsrat unter anderem auch die Aufgabe übernommen, die Gleichstellungspolitik zu koordinieren.

Gabriele Trittel, 61, früher Konstrukteurin in der Entwicklung bei VW in Wolfsburg, scheidet nach zwölf Jahren aus dem Betriebsrat und Konzernbetriebsrat aus, weil sie in die passive Altersteilzeit geht. Foto: Susanne Hübner



Was waren Deine Themen?
Trittel: Unser Ziel ist es, den Frauenanteil in unserem technikgetriebenen, männerlastigen Betrieb auf allen Ebenen zu erhöhen. Wir wollen Frauen Perspektiven jenseits der traditionellen, schlecht bezahlten, typischen Frauenberufe aufzeigen: in gewerblich-technischen Berufen. Dazu veranstaltet VW Girls’ Days, spricht junge Frauen auf Jobbörsen an, bietet Berufserlebnistage für Schülerinnen und Schüler, Praxissemester für Studentinnen und vieles mehr. Für die Frauen, die bei uns beschäftigt sind, ist ein wichtiges Thema, welche Chancen sie haben, sich weiterzuentwickeln. Dafür erarbeiten wir Programme. Dabei geht es auch darum, Vorgesetzte für unbewusste Vorurteile gegenüber Frauen zu sensibilisieren. Wir nutzen auch Quoten als Hilfsmittel, um Frauen in höheren und Toppopsitionen zu stärken.

Herkert: Da sehe ich bei uns auch noch Potenziale für Verbesserungen. Da ich zum ersten Mal für den Betriebsrat kandidiere, kann ich noch keine ausgearbeiteten Konzepte vorstellen. Ich finde die Idee aber gut, Vorgesetzte für unbewusste Vorurteile zu sensibilisieren. Denn ich denke, dass unbewusste Benachteiligungen oft Karrierebremsen für Frauen sind.

Katja Herkert, 35, Angestellte im Verkaufsinnendienst und Vertrauensfrau bei SKF in Schweinfurt, kandidiert zum ersten Mal für den Betriebsrat. Foto: Willi Schmidt/PhotoLab Schweinfurt

Wie stark sind die Frauen bei Euch im Betriebsrat?
Trittel:
Gemessen an ihrem Anteil an den Beschäftigten sind sie bei VW in Wolfsburg überrepräsentiert. Die Belegschaft besteht zu 18 Prozent aus Frauen, der Betriebsrat zu 30 Prozent.

Herkert: Auf unserer IG Metall-Liste kandidieren sieben Frauen für 27 Mandate. Wenn wir alle erhalten, wären 27 Prozent der neuen Betriebsratsmitglieder Frauen. Nach der Satzung müssten es nur 11 Prozent sein. Unser Ziel bei der Kandidatenaufstellung war: Wir wollen jünger und weiblicher werden. Und wir wollen vielfältig sein. Alle Gruppen sollen sich wiederfinden. Das unterscheidet unsere IG Metall-Liste auch stark von den Kandidaten der konkurrierenden Liste.



Sind Frauenthemen im Betriebsrat Frauensache?
Trittel: Nein, Unsinn, es gibt keine Frauenthemen. Es geht um Chancengleichheit und Gleichstellung – für alle! Um alle diese Themen kümmern sich bei uns im Gleichstellungsausschuss Männer und Frauen.

Herkert: Kolleginnen suchen sich gerne Frauen als Ansprechpartnerinnen für ihre Probleme. Aber jeder Betriebsrat versteht sich für jeden und jede als Ansprechpartner und Interessenvertreter.

Gabriele, du warst zwölf Jahre im Betriebsrat. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Trittel:
Vor zwölf Jahren galt die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben als Privatsache. Dass das jetzt in Betrieben und der Tarifpolitik so eine große Rolle spielt, ist auch der Beharrlichkeit der Frauen in der IG Metall zu verdanken.

Herkert: Ich würde sogar sagen: Heute ist die Vereinbarkeit eines der Hauptthemen im Betrieb. Nicht nur für uns Frauen. Für alle. Für viele Kolleginnen und Kollegen ist eine selbstbestimmtere Arbeitszeit mindestens genauso wichtig wie mehr Geld.

Wie sieht es denn bei Betriebsräten mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben aus?
Herkert:
Die Betriebsratsarbeit wird mich, wenn ich gewählt werde, private Zeit kosten. Das ist mir klar. Aber es ist ein Ehrenamt. Ich kann mich engagieren für Dinge, die mir wichtig sind. Ich kann einen Beitrag leisten, um Menschen zu helfen, die Probleme haben, und die Interessen der Kolleginnen und Kollegen mit ihnen durchsetzen. Dafür bin ich gerne bereit, auch mal freie Zeit zu opfern.

Trittel: Das kann ich nur bestätigen.

Herkert: Ich freue mich jedenfalls auf die Betriebsratsarbeit.

Warum sind die Wahlen für Frauen wichtig?
Trittel:
Sie sind für alle – Männer und Frauen – wichtig. Es geht darum, dass sie über ihre Angelegenheiten mitbestimmen können. Wie wollen sie denn ihre Interessen durchsetzen, wenn sie nicht den Betriebsrat als starken Partner haben?

Herkert: Je mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wählen, desto mehr stärken sie den Betriebsrat. Jede Stimme zählt.

Trittel: Wichtig ist auch, dass sie die Richtigen wählen: die Kandidatinnen und Kandidaten der IG Metall. Und dass sie sich auch nach der Wahl einbringen. Denn das ist unsere Stärke: der Zusammenhalt auf allen Ebenen.

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