Die Transformation der Wirtschaft und damit der Arbeitsgesellschaft führt zu einem grundlegenden Wandel in Organisation, Technologie, Tätigkeitsinhalten und Kultur der Unternehmen. Dieser Prozess vollzieht sich in den Betrieben zwar mit gleicher Zielrichtung, allerdings in unterschiedlichem Tempo, in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Die IG Metall hat den Anspruch, die Transformation im Sinne der Beschäftigten zu gestalten – die dafür notwendige Kraft wird sie aber nur dann entfalten können, wenn sie organisationsstark, konfliktfähig und kompetent agiert.
Heute stehen wir vor der Herausforderung, in der Breite der Betriebe die Voraussetzungen für Organisationsstärke und Beteiligung zu schaffen, um diesen Gestaltungsanspruch auch umzusetzen. Ausgehend von den Erfolgen in den vergangenen vier Jahren wollen wir nun den notwendigen Weiterentwicklungs- und Veränderungsprozess einleiten und unsere Herausforderungen klar benennen. Die „IG Metall vom Betrieb aus denken“ ist kein rein betriebspolitisches Projekt, sondern ein Vorhaben für die gesamte IG Metall – ausgehend von unserem zentralen Handlungsort, dem Betrieb, wollen wir auch unsere tarifpolitische Handlungsfähigkeit und unsere Kampagnenfähigkeit für sozial- und gesellschaftspolitische Themen stärken.
Klar ist: Gelingt es uns, den Weiterentwicklungs- und Veränderungsprozess der IG Metall positiv voranzubringen, dann werden wir dazu beitragen, die Arbeits- und Lebensbedingungen unserer Mitglieder zu verbessern und daran mitwirken, dass technologischer Fortschritt auch zu sozialem Fortschritt für die Menschen in diesem Land führt. Damit könnten wir die Voraussetzung schaffen, die Arbeitsbedingungen und die gesellschaftliche Entwicklung weiterhin positiv zu gestalten.
Um das zu erreichen, müssen wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Wir werden unsere Arbeit ab sofort verändern müssen.
Unser Leitgedanke ist: Die IG Metall als Organisation soll dort stattfinden, wo wir tagtäglich arbeiten, im Betrieb. Dort wollen wir die IG Metall sichtbarer und erlebbarer machen. Wir wollen unsere Betriebsräte und Vertrauensleute darin bestärken und neue Aktive dafür gewinnen, dass sie es als ihre ureigene Aufgabe ansehen, die IG Metall im Betrieb zu repräsentieren, sie durch ihr Handeln zu stärken, Mitglieder zu binden und neue Mitglieder zu gewinnen. Unsere Verantwortungsträger in den Betrieben bilden das Fundament für erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit.
Die zentrale Aufgabe unserer Geschäftsstellen ist es, Bedingungen zu schaffen, damit unsere ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen die IG Metall-Arbeit im Betrieb und die IG Metall-Arbeit vor Ort optimal gestalten können. Das Projekt „Die IG Metall vom Betrieb aus denken“ soll herausarbeiten, wie die Geschäftsstellen in der Bewältigung der alltäglichen Komplexität durch Bezirksleitungen, Bildungszentren, Vorstandsverwaltung noch besser unterstützt werden können. Dazu wollen wir gemeinsame Verabredungen zu unserer Arbeit treffen.
Wie wir unseren gemeinsamen Weg ausgestalten, wollen wir durch eine breite Beteiligung betrieblicher Interessensvertretungen, Vertrauensleute, Aktiven, Betriebsbetreuerinnen und Betriebsbetreuer, Ortsvorstände und Geschäftsstellen entwickeln. Folgende Fragestellungen leiten uns dabei: Welche Gesellschaftsbilder haben unsere aktiven Metallerinnen und Metaller? Was ist ihre Erwartungshaltung an die IG Metall vor Ort, im Bezirk, im Vorstand? Welche Weiterentwicklungen und Veränderungen sind auf den verschiedenen Handlungsebenen notwendig? Das betrifft unsere Werte, unsere Kompetenzen, unsere Kommunikation, unsere Arbeitsstrukturen, unsere Ressourcen.
Unsere wichtigste und entscheidende Ressource für eine erfolgreiche Arbeit sind unsere Mitglieder und unsere ehrenamtlich tätigen Kolleginnen und Kollegen, die in den Betrieben Verantwortung für die IG Metall und deren Zukunft übernehmen. Mit ihnen gemeinsam wollen wir unsere Arbeit weiterentwickeln und verändern. Aus diesem Grund bieten wir sowohl unseren ehrenamtlichen betrieblichen als auch hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen, die unmittelbar für die Arbeit in den Betrieben zuständig sind, an, sich als Veränderungspromotoren für den Beteiligungs- und Veränderungsprozess in den Betrieben ausbilden zu lassen.
Der Vorstand der IG Metall soll beauftragt werden, unmittelbar nach dem Gewerkschaftstag eine Projektstruktur für diesen Beteiligungs- und Veränderungsprozess zu schaffen. Der Beteiligungs- und Veränderungsprozess soll zunächst in Pilotgeschäftsstellen starten, um Erfahrungen für die Gestaltung des weiteren Prozesses zu sammeln. Nach Abschluss der Organisationswahlen und der Tarifbewegung in der Metall- und Elektroindustrie sollen diese breit angelegten Beteiligungs- und Veränderungsprozesse in möglichst vielen Betrieben und allen Geschäftsstellen durchgeführt werden. Dafür planen wir einen Zeitraum von zwölf bis achtzehn Monaten ein.
Begleitend und nach den Workshop- und Arbeitsphasen können Erkenntnisse bezüglich des Weiterentwicklungs- und Veränderungsbedarfes unserer IG Metall-Arbeit im Betrieb, vor Ort, in der Geschäftsstelle, in der Region, in der Bezirksleitung, in den Bildungszentren, in der Vorstandsverwaltung in Aufgabenspeichern festgehalten, ausgetauscht und in eine bundesweite Auswertung eingespeist werden, die den Veränderungsbedarf für die IG Metall auf allen Ebene festhält.
Im Jahr 2021 sollen die Ergebnisse dieses Prozesses verdichtet und in einer transparenten Zwischenbilanz dokumentiert werden. Wenn die Veränderungen und Weiterentwicklungen unserer Arbeit weitere strategische und strukturelle Veränderungen der Arbeit der IG Metall notwendig machen, werden diese in entsprechende Anträge zum Gewerkschaftstag 2023 münden.
Weitere Themen des Gewerkschaftstags: