Die Transformation wird die Arbeitswelt, und damit die Welt, in der wir leben, grundlegend verändern. Die Veränderungen in Organisation, Technologie, Tätigkeitsinhalten und Kultur werden tiefgreifend sein. Bei aller Ungleichzeitigkeit des Tempos und der Geschwindigkeit des Wandels – eines ist klar: Wir stehen am Beginn einer neuen Epoche industriellen Wirtschaftens. Die Industrie von morgen muss ökologisch nachhaltig sein. Das verändert, was wir produzieren und wie wir es produzieren. Aber es verändert noch viel mehr: Der mit der Transformation verbundene fundamentale gesellschaftliche Wandel fällt mit dem technischen Fortschritt der Digitalisierung und einer neuen, konfliktbehafteten Phase der Globalisierung zusammen.
Die Transformation, auch das ist klar, ist nicht aufzuhalten. Sie wird jeden Betrieb und jeden Beschäftigten, jede Beschäftigte treffen und hat die Wucht, den Riss, der sich bereits durch unsere Gesellschaft zieht, zu vergrößern. Die IG Metall hat den Anspruch, dass technischer Fortschritt auch sozialer Fortschritt werden muss. Wir wollen eine soziale, ökologische und demokratische Transformation, damit die Gesellschaft von Morgen sicherer, gerechter, selbstbestimmter und solidarischer ist als heute.
Gelingen kann die Transformation nur, wenn es gelingt, diesen Weg mit den Beschäftigten zu gehen, sie in diesen Veränderungsprozessen systematisch zu beteiligen. Und: Qualifizierung spielt eine Schlüsselrolle.
Arbeitgeber und Politik müssen deshalb deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Die Arbeitgeber müssen eine vorausschauende Personal-, Innovations- und Investitionspolitik zur Sicherung von Beschäftigung und guter Arbeit betreiben, die Politik muss die Gestaltung der Transformation zu ihrem zentralen Projekt machen und den Wandel arbeitsmarkt-, sozial- und strukturpolitisch flankieren.
Wir fordern die Unternehmen unserer Organisationsbereiche auf, mehr und besser aus- und weiterzubilden. Dafür braucht es ausreichendes und qualifiziertes betriebliches Bildungspersonal. Wir fordern die Betriebe dazu auf, ein ausreichendes Aus- und Weiterbildungsangebot bereitzustellen und die Qualifizierungswünsche ihrer Beschäftigten zu erfassen. Für Maßnahmen der Anpassungs-, Erweiterungs- und Aufstiegsfortbildung sind Beschäftigte im Grundsatz bezahlt freizustellen, die Maßnahmen sind durch die Arbeitgeber zu finanzieren.
Grundlage für die Freistellungs- und Finanzierungsverpflichtung des Arbeitgebers sollte ein verpflichtender Qualifizierungsplan sein, der zwischen den Betriebsparteien vereinbart wird (Erweiterung § 96 ff. BetrVG.). Dieser hat zum Ziel, die betrieblichen Bedarfe klar zu definieren und gegebenenfalls Finanzierungen auch auf gesetzlicher Grundlage (zum Beispiel Qualifizierungschancengesetz) vorzusehen. Klar ist: Betriebsräten, Jugend-, Auszubildenden- und Schwerbehindertenvertretungen kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Sie brauchen ein umfassendes Initiativ- und Mitbestimmungsrecht, um sich in der Qualifizierungsplanung und -umsetzung, in der Personalplanung und für Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung einbringen zu können.
Darüber hinaus brauchen wir ein Recht auf Weiterbildung, eine unabhängige Beratungsinfrastruktur und bezahlte Auszeiten. Arbeitgeber sind in der Pflicht, nachhaltige Unternehmensstrategien für die Transformation zu entwickeln und darauf aufbauend eine langfristige Personalplanung und -entwicklung für die Beschäftigten zu entwerfen. Weiterbildung und Qualifizierung müssen präventiv erfolgen und genutzt werden, um Arbeitslosigkeit von vornherein zu verhindern. Gerade solche Betriebe, in denen eine erhebliche Zahl der Beschäftigten durch Strukturumbrüche betroffen ist, müssen unterstützt werden. Deshalb schlagen wir die Einführung des Transformationskurzarbeitergelds vor.
Weiterhin muss das in der Modernisierungspraxis von Berufen etablierte Konsensprinzip rechtlich verankert, die Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung vereinfacht werden. Die IG Metall will in dem von der Bundesregierung angekündigten nationalen Bildungsrat hierzu Reformperspektiven mitentwickeln.
Es steht außer Frage: Tätigkeiten werden sich vielfältig wandeln. Ausbildung, Qualifizierung, Weiterbildung und berufliche Neuorientierung müssen deshalb zentrale Handlungsfelder werden. Hierfür brauchen wir neue arbeitsmarktpolitische Instrumente. Entscheidend wird aber sein, dass die offensive Umsetzung beschäftigungssichernder Maßnahmen in den Betrieben gelingt. Deshalb werden wir darauf drängen, dass Personalpolitik und -entwicklung in Betrieben und Unternehmen einen deutlich höheren Stellenwert bekommen.
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