Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Mitglied des IG-Metall-Vorstands: Ja in der Tat: Bisher ist der Datenschutz für Beschäftigte völlig unzureichend geregelt. Das haben etwa der Bespitzelungsskandal bei Lidl oder der Datenmissbrauch bei der Bahn gezeigt. Deswegen ist es notwendig, dass der Gesetzgeber endlich tätig wird.
Ja, im Entwurf gibt es einige Verbesserungen für den Arbeitnehmerdatenschutz. Dazu gehören das geplante Verbot der heimlichen Videoüberwachung und das Verbot, Informationen aus privaten E-Mail oder sozialen Netzen wie Facebook zu erheben. Das sind durchaus Schritte in die richtige Richtung. Der Gesetzesentwurf bleibt aber in vielen weiteren Punkten unklar. Das erschwert die Durchsetzung des Datenschutzes in der betrieblichen Praxis.
Auch wenn die Bundesregierung behauptet, der Entwurf habe eine ausgewogene Balance zwischen den Interessen der Unternehmen und den Daten- und Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer, trifft das nicht zu. In der vorliegenden Form hat das Gesetz eine klare Schlagseite zugunsten der Unternehmer. Der Text liest sich bisweilen, als ob die Arbeitnehmer unter Generalverdacht stehen, und deshalb grundsätzlich observiert werden dürfen. Die Möglichkeit der offenen Überwachung soll ohne Notwendigkeit über die Grenzen der bisherigen Rechtsprechung hinaus noch ausgeweitet werden. Der Entwurf sieht auch keinen Schutz vor Detektiveinsätzen vor, die bei den bisher bekannt gewordenen Skandalen eine unrühmliche Rolle gespielt haben. Durch die Möglichkeiten der GPS-Ortung, auch über Handy, sind auch Außendienstler und LKW-Fahrer von einer Dauerkontrolle bedroht. Insgesamt sehe ich daher deutlichen Nachbesserungsbedarf. Es muss verhindert werden, dass eine Totalüberwachung und Bespitzelung in den Betrieben zur Einschüchterung führen und die Solidarität und den aufrechten Gang untergraben.
Nun, das emsige Überwachungsinteresse mancher Unternehmen ist ja bekannt – aber das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer muss vorgehen! Deshalb ist auch das Verbot der heimlichen Videoüberwachung völlig in Ordnung. Dass nun keine Betriebsvereinbarungen zum Datenschutz mehr abgeschlossen werden könnten, ist übrigens falsch. Korrekt ist aber, dass auch eine Betriebsvereinbarung nicht gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen darf, wie es schon bisher im Gesetz steht.
Der Gesetzentwurf darf so nicht Gesetz werden. Es gibt zu viel Raum für Überwachungs- und Datensammlungsaktionen von Arbeitgebern, die mit dem Datenschutz für Beschäftigte nicht zu vereinbaren sind. Auch sollte die Forderung der Gewerkschaften nach einem Arbeitnehmerdatenschutzbeauftragten endlich umgesetzt werden, der Gesetzentwurf schweigt hierzu. In diesem Sinne gilt es, weiter für die Rechte der Beschäftigten Druck zu machen.