Ende 2027 will Continental das Werk in Gifhorn (Niedersachsen) schließen. Doch der Heizungs- und Klimahersteller Stiebel Eltron will hier künftig Komponenten für Wärmepumpen bauen und dafür rund 350 Beschäftigte von Continental übernehmen. Auch Siemens Mobility und Rheinmetall haben entsprechende Absichtserklärungen unterzeichnet. Die Suche nach weiteren Partnern läuft.
Dazu haben Betriebsrat und IG Metall mit Continental einen Sozialplan mit dem Programm „Von Arbeit in Arbeit“ ausgehandelt, durch das den Continental-Beschäftigten eine nahtlose Weiterbeschäftigung ermöglicht werden soll. Damit könnte eine Zukunft für einen beträchtlichen Teil der rund 1000 Beschäftigten am Standort gesichert werden. Bislang fertigten sie hier Bremssysteme. Demnächst fertigen einige Innenmodule und Speicher für Wärmepumpen.
Die IG Metall sieht in dem Modell eine mögliche Blaupause für erfolgreichen Strukturwandel. Unterstützung dafür kam auch von Bundesarbeitsminisierter Hubertus Heil (SPD), der auch Bundestagsabgeordneter vor Ort ist.
„Unser Ziel war, Industrie und Arbeitsplätze in der Region zu halten. Durch die gemeinsamen Anstrengungen von Continental, den Betriebsräten und der IG Metall ist das gelungen“, sagt Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall. „Dieser Fall ist ein schönes Beispiel für verantwortungsvolles Handeln. Er hat das Potential dazu, als Blaupause zu dienen, wie Veränderungen in der Automobilindustrie nachhaltig fair und ohne einen Kahlschlag bei gut bezahlten Industriearbeitsplätzen gelingen können.“
Neben dem Programm „Von Arbeit in Arbeit“ haben Betriebsrat und IG Metall im Sozialplan hohe Abfindungen für die Beschäftigten ausgehandelt. Beschäftigte, die kein Angebot zur Weiterbeschäftigung in Gifhorn erhalten – und die zudem eine Vermittlung von Continental ablehnen, erhalten die volle Abfindung. Doch auch an die, die vermittelt werden können, fließt eine leicht reduzierte Abfindung.
„Das Verhandlungsergebnis trifft innerhalb der Belegschaft auf volle Zustimmung“, sagt der Betriebsratsvorsitzende von Continental in Gifhorn, Athanasios Kokotos, nach langen und anfangs sehr holprigen Verhandlungen. „Was wir uns vorgenommen haben, haben wir auch erreicht: Einen Sozialplan, der die Nachteile der Kolleginnen und Kollegen ausgleicht. Nichts anderes hat diese Mannschaft verdient.“
Bereits bevor Continental vor einem Jahr das Aus für das Werk Gifhorn beschloss, starteten die Aktionen; Beschäftigte, Betriebsräte und IG Metall machten Druck und führten zahlreiche Gespräche – im Aufsichtsrat und mit der Politik.
„Als wir merkten, es geht in die falsche Richtung, da redeten wir mit unserem Aufsichtsratsmitglied Christiane Benner, die sofort da war – und mit unserem Bundestagsabgeordneten [und Bundesarbeitsminister] Hubertus Heil, der immer für uns ansprechbar ist“, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Athanasios Kokotos.
Zudem sind die Beschäftigten zu 96 Prozent in der IG Metall organisiert. Und sie wissen: Alle Betriebe der IG Metall-Geschäftsstelle Wolfsburg stehen hinter ihnen – und bei Aktionen mit ihnen vor dem Werkstor.
Mit auschlaggebend für die Absichtserklärung des Wärmepumpenherstellers Stiebel Eltron war das qualifizierte Personal in Gifhorn. Viele Beschäftigte sind schon in dritter Generation hier, haben jahrelange Erfahrung und sind auf vielen Gebieten Spezialisten. „Wir haben 0 Prozent Reklamationen und werden von Continental-Standorten weltweit angefragt“, erklärt Athanasios Kokotos.
Zudem hat Continental auch ein Weiterbildungszentrum für Technologie und Transformation (CITT) in Gifhorn angesiedelt.
Nach der Einigung auf den Sozialplan steht nun die erste Phase des Modells „Von Arbeit in Arbeit“. In dieser sollen die Beschäftigten mit allen relevanten Informationen über die Zielunternehmen versorgt werden. Im Anschluss daran werden die Beschäftigten nach ihrem Interesse an einer Anschlussbeschäftigung bei den Zielunternehmen befragt.