9. Dezember 2015
Familienbetrieb Bosch Reutlingen
Familienfreundliche Schichtarbeit kann funktionieren
Schichtarbeit und ein gemeinsames Familienleben – eigentlich passt das nicht. Dass es trotzdem funktionieren kann, zeigt das Beispiel Bosch Reutlingen. Dort haben die Vertrauensleute ein Schichtmodell entwickelt und durchgesetzt, das flexible Arbeitszeiten und Teilzeit zulässt.

Dass Nathalie Metin, ihr Ehemann Fevzi, die Söhne Joel und Can trotz Schichtarbeit der Eltern in der Regel gemeinsam zu Mittag essen, das hat auch der Bosch-Vertrauenskörper möglich gemacht. Nathalie Metin ist Halbfranzösin, hat einen türkischstämmigen Ehemann und zwei Kinder. Als die Kinder kamen, setzte Nathalie jeweils erst einmal mit der Arbeit aus – bei ihrem Jüngsten zuletzt zwei Jahre. Anschließend wollte sie wieder arbeiten – in Teilzeit, damit auch für die Familie noch Zeit bleibt. Doch beim Wiedereinstieg in den Job gab es viele Hürden. Eine davon: Eine passende Teilzeitstelle gab es damals in der Produktion nicht. Ein Jahr lang arbeitete sie in der Kantine, unter ihrer Qualifikation. Das war für sie nicht einfach, doch sie gab nicht auf und sie kämpfte ganze drei Jahre lang.


Konkrete Probleme im Fokus

Vertrauensleute haben viele Aufgaben. Sie sind die IG Metall im Betrieb. Und sie setzen sich für die Interessen der Beschäftigten ein. Vertrauensleute greifen die Probleme auf und erarbeiten Lösungen – so wie bei Bosch in Reutlingen. Nathalie und ihr Ehemann sind beide im Vertrauenskörper aktiv und dieser engagierte sich für eine Lösung. „Niemand kann verstehen, warum man einer Frau bei 7 000 Beschäftigten keine ihrer Qualifikation angemessene Teilzeitstelle bieten kann“ – so die Einschätzung des Vertrauenskörpers, der zur Not auch juristische Schritte eingeschlagen hätte. Gemeinsam mit dem Ehepaar Metin haben die Arbeitnehmervertreter aber letztendlich eine Lösung durchgesetzt.

Familie Metin, Bosch Reutlingen. Foto: Privat

 

Die Vertrauensleute starteten eine Kampagne zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Beschäftigten-Befragung bestätigte, dass Lösungen dringend notwendig sind: Die Öffnungszeiten von Kindergärten, Kitas und Schulen passen nicht zum Arbeitsbeginn und -ende bei Schichtarbeit.


Praxisnahe Lösungen

Gemeinsam wurden Forderungen nach einer flexiblen Arbeitszeit und einem geteilten Schichtmodell entwickelt, damit sich zwei Personen in Teilzeit einen Vollzeitarbeitsplatz teilen können. Diese Forderung wurde mit großer Resonanz in die Betriebsöffentlichkeit kommuniziert. Der Betriebsrat lud zudem zusätzlich den Arbeitsdirektor von Bosch zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach Reutlingen ein.

Die Aktionen waren erfolgreich. Ergebnis ist eine Betriebsvereinbarung, die einen flexiblen Schichtbeginn und ein flexibles Schichtende möglich macht und die Besetzung einer Vollzeitstelle durch zwei Teilzeitbeschäftigte ermöglicht. Das war dann auch die Lösung für Nathalie Metin. Sie suchte und fand eine Partnerin, mit der sie sich nun die Vollzeitstelle in der Produktion teilt. Dass man mit Engagement etwas erreichen kann, diese Erfahrung haben die Vertrauensleute bei Bosch bereits vor Jahren gemacht. In den 90er Jahren hatte der Vertrauenskörper ein neues Schichtmodell entwickelt: Kurzzyklisch, vorwärtsrollend, sowie die gleiche Anzahl von Arbeitstagen und freien Tagen. So sind seither die Schichtabläufe in dem Unternehmen organisiert. Die Beschäftigten kommen mit diesem neuen Schichtmodell viel besser zurecht.


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