30. Juli 2015
Arbeitszeitmodell bei Gothaer Systems
Flexible Zeiten
Bei dem Softwaredienstleister Gothaer Systems können die Beschäftigten selbst über Anfang, Ende und Dauer ihrer täglichen Arbeitszeit bestimmen. Noch flexibler geht es kaum. Dieses Arbeitszeitmodell bietet viele Pluspunkte, vor allem, weil es den Arbeitnehmern Verlässlichkeit und Flexibilität ...

... bietet.

Seit 2002 gibt es bei dem IT-Dienstleister Gothaer Systems keine Kernarbeitszeit mehr. Gearbeitet wird zwischen 6 und 20 Uhr. Jeder Beschäftigte kann selbst entscheiden, wann und wie lange er arbeitet. Das bietet Vorteile – nicht nur für Eltern. Auch Mitarbeiter, die keine Familienverpflichtungen haben, schätzen dieses Modell. Denn manche arbeiten lieber morgens, andere lieber abends und haben dafür mehr Zeit für Sport, Hobby oder andere Freizeitaktivitäten.


„Damit es funktioniert, ist Vertrauen notwendig“ sagt Betriebsrat Harald van Bonn. Zwar gibt es bei dem Kölner Unternehmen eine elektronische Zeiterfassung, doch wenn keine dringenden betrieblichen Belange anstehen, können die Beschäftigten selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen. Obwohl es jedem freisteht, wann er arbeitet, klappt die Abstimmung über die Arbeitszeiten zwischen den Kollegen. Man verständigt sich einfach untereinander, wenn Besprechungen anstehen oder die Anwesenheitszeiten von mehreren betrieblich notwendig sind. Insgesamt können die Beschäftigten bis zu 50 Plusstunden oder 20 Minusstunden ansammeln. Dadurch hat man ein gutes Zeitpolster, um auch bei plötzlichen familiären oder anderen Anforderungen flexibel reagieren zu können.

Arbeitszeiten verfallen nicht

Gerade Eltern schätzen das Arbeitszeitmodell. Denn es erfüllt zwei wichtige Anforderungen. Es bietet verlässliche Arbeitszeiten und ermöglicht Flexibilität in Notfällen. Ein weiterer Vorteil des Modells ist es, dass keine Arbeitszeiten mehr verfallen. Natürlich gibt es auch Überstunden und diese werden gesondert erfasst. Wenn es betriebsbedingt notwendig ist, beantragt der Arbeitgeber Überstunden beim Betriebsrat. Darüber entscheidet dann die betriebliche Interessenvertretung wie in jedem anderen Unternehmen auch, erklärt Betriebsrat van Bonn. Wie familienfreundlich die Arbeitszeiten sind, konnte der Betriebsrat vor einigen Jahren feststellen. 2008 hatte er die Beschäftigten befragt, wie gut sie Beruf und Familie miteinander vereinbaren können. Viele nannten damals die flexiblen Arbeitszeiten als Pluspunkt.


Der Anlass, die früher geltende Arbeitszeitregelung zu ändern, kam von dem Arbeitgeber. Er wollte 2002 eine Vertrauensarbeitszeit einzuführen, um weniger Überstunden bezahlen zu müssen. Am Ende einigten sich Betriebsrat und Arbeitgeber jedoch auf das jetzt geltende Arbeitszeitmodell, also auf eine Zeiterfassung ohne Kernarbeitszeit und auf einen festen Plan, wie Zeitkonten über 50 Stunden abgeschmolzen werden.


Zeitsouveränität für die Beschäftigten

Flexibilität – das ist ein Entgegenkommen, das die Unternehmen immer dann von den Beschäftigten einfordern, wenn es der Betriebsablauf notwendig macht. Nur in wenigen Firmen ist es bislang gelungen, Flexibilität auch im Sinne der Beschäftigten möglich zu machen. Daher fordert die IG Metall einen fairen Ausgleich für die zunehmenden Flexibilisierungsanforderungen. Sie will den Verfall von Arbeitszeiten stoppen und den Arbeitnehmern mehr Zeitsouveränität verschaffen. Damit sie Zeit haben für sich, für Familie, Weiterbildung oder einfach zum Ausspannen. Und zwar wenn sie sie brauchen, und nicht dann, wenn es dem Unternehmen passt. In diesem Sinne ist die Arbeitszeitvereinbarung, wie sie bei der Gothaer Systems praktiziert wird, ein sehr interessantes nachahmenswertes Modell.


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