Die Aussage ist, dass man den Ford Focus bis Mitte 2025 produzieren möchte. Aber die Nachfrage sinkt und somit produzieren wir immer weniger: Wir waren schon bei 1400 Focus am Tag, jetzt sind wir bei 1000 und es könnten noch weniger werden. Das liegt zum einen daran, dass der Focus ein Mild-Hybrid ist, also ein Hybrid, in dem der Elektromotor lediglich eine Hilfsfunktion übernimmt. So verbraucht er zwar weniger Sprit, von der Bundesregierung wird der Kauf aber nicht unterstützt. Finanzielle Kaufanreize gibt es nur für Plug-in-Hybride oder reine Elektroautos. Zum anderen gibt es aber auch einen zyklusbedingten Rückgang. Beides führt zu verringerter Tagesproduktion.
Der Druck im Kessel ist hoch und er steigt noch. Wir haben seit Ende 2018 einen Restrukturierungsprozess, dabei eine Schicht, ein Auto und 2400 Beschäftigte verloren. Ein weiterer Personalabbau läuft, auch wenn wir erstreiten konnten, dass es bis 2025 zumindest keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, sondern nur freiwillige Abfindungsprogramme, und dass die Azubis fest übernommen werden. Aber wir haben eine offene Zukunftsfrage für knapp 5000 Menschen im Werk und 2000 im angrenzenden Zulieferpark.
Das Saarland braucht ein neues Auto: Markus Thal (links) führt Jörg Hofmann (rechts) und Lars Desgranges (mitte) durch das Werk in Saarlouis. (Foto: Christian Klein)
Bislang noch nichts. Es will sich erst nächstes Jahr im Sommer bekennen. Das wäre sehr knapp, wenn man bedenkt, dass es gut zwei Jahre und mehr dauert, um Montage und Beschäftigte auf ein neues Produkt einzustellen. Aktuell versucht das Management, die einzelnen europäischen Standorte gegeneinander auszuspielen.
Es sagt: Ihr müsst effizienter und produktiver werden und euch konkurrenzfähig innerhalb des Konzerns aufstellen. Und: Wenn ihr den weiteren Restrukturierungsprozess mitmacht, dann arbeiten wir daran, dass ihr vielleicht ein Auto bekommt.
Nein, das Spiel spielen wir so nicht mit. Sich zukunftsfähig aufzustellen, das ist das eine, aber es muss für alle europäischen Standorte eine Zukunftsperspektive geben. Wir Betriebsräte und Beschäftigte lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Für uns zählt Solidarität.
Nein, wir freuen uns. In Köln bauen sie den Fiesta, der läuft noch vor dem Focus aus. Es ist zudem ein Bekenntnis für den Standort Deutschland. Und dass die Technologienentwicklung vor unserer Haustüre stattfindet, ist ein Vorteil für uns. Aber jetzt brauchen wir und die anderen europäischen Standorte ebenfalls eine konkrete Perspektive.
So ist es, hier braucht es viel mehr Tempo, sonst setzt man die Zukunft des Unternehmens und der Beschäftigten aufs Spiel. Bisher gibt es nur den Mustang E-Mach und den Explorer, die beide importiert werden. Das erste in Europa gefertigte reine Elektroauto, das kommt erst 2023 mit der Produktion in Köln. Das ist eine Kooperation mit VW. Folgen soll ein zweites Modell, das ebenfalls auf der VW-Plattform basiert. Ein komplett eigenständig entwickeltes Modell hat Ford bislang für Europa noch nicht. Das sehe ich kritisch. Das Management hat die rechtzeitige Einführung eigner Elektroautos verschlafen. Und was bisher an Modellen bekannt ist, wird nicht für alle europäischen Standorte reichen.
Ja ja, man sieht: Wir können in Saarlouis durchaus Elektroautos bauen. Natürlich war der damals recht teuer und - ähnlich wie heute - hatte man das Thema mit der beschränkten Ladekapazität. So waren die bestellten Mengen damals eher gering und das Auto wurde eingestellt. Aber die Kompetenz und die Erfahrungen haben wir dadurch noch vor Ort.
Im Saarland haben wir vor allem Stahl und Automobil. Beide Brachen müssen sich aus Gründen des Klimaschutzes grundlegend wandeln. So ist das Saarland mit am stärksten von der Transformation betroffen. Das sind tausende Arbeitsplätze, die hier auf dem Spiel stehen. Das ist der Lackmustest der Transformation und der muss zwingend gelingen. Sonst gibt es ein Erdbeben, nicht nur im Saarland, sondern in der ganzen Bundesrepublik. Und am Ende verlieren alle, wahrscheinlich auch die Demokratie.
Zum einen müssen die Ministerinnen und Minister bei den Konzernlenkern auf der Matte stehen, um sie an ihre gesellschaftliche Verantwortung zu erinnern. Zum anderen müssen sie den Transformationsprozess unterstützen, mit Fördermitteln und klugen Gesetzen. Man kann nicht einfach nur neue Ziele ausrufen, sondern muss die Transformation gestalten. Und wir sind dazu bereit, jetzt müssen die anderen das ebenfalls beweisen. Das gilt auch oder insbesondere für Kabinettsmitglieder aus dem Saarland, immerhin noch drei!
Über 4000 Metallerinnen und Metaller forderten am 14. September in Saarlouis bei einem von der IG Metall veranstalteten Aktionstag Ford und die Politik auf, die Transformation im Saarland endlich anzugehen und mit einem neuen Elektroauto Zukunftsperspektiven zu schaffen.