Ist die Arbeit von kaufmännischen und technischen Angestellten körperlich schwer? Im klassischen Sinne wohl eher nicht. Trotzdem werden immer häufiger gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt. Viele Angestellte leiden unter psychischer Überlastung. Die Arbeitszeit ist oft zu knapp. Zielvorgaben sind unrealistisch und die Personaldecke zu dünn. Eine gesundheitsförderliche Arbeitswelt sieht anders aus.
Die Grenzen von Arbeit und Freizeit verschwimmen. Für viele Angestellte geht es nach dem Verlassen des Unternehmens abends oder am Wochenende weiter. Gearbeitet wird, wenn der Kunde ruft. Oft sind es einfach viel zu viele Anforderungen. Doch nicht immer ist es die Menge, manchmal liegt es auch am Vorgesetzten oder der Art, wie die Arbeit verteilt wird. Tatsächlich wird die Kluft zwischen tariflicher und tatsächlicher Arbeitszeit immer größer. Doch wer lange arbeitet, ist oft nicht produktiver. Vor allem aber braucht er ein Vielfaches an Zeit, um die Ermüdung auszugleichen. Deshalb nehmen Betriebsräte und die IG Metall bei der Intiative „Gute Arbeit im Büro“ auch die Arbeitszeit ins Visier. So konnten beispielsweise beim Autobauer Ford die starren Arbeitszeiten durch Regelungen ersetzt werden, die den Beschäftigten mehr Souveränität einräumen.
Mehr persönliche Freiheiten versprechen Konzepte für mobiles Arbeiten. Die Vorteile: Familie und Beruf lassen sich besser miteinander vereinbaren, die Arbeitszeit kann selbstbestimmt eingeteilt werden, und es bieten sich Möglichkeiten neue soziale Kontakte zu knüpfen. Doch auch die gesundheitlichen Risiken steigen: Die ständige Erreichbarkeit, wechselnde Arbeitsplatzorte, ausufernde Arbeitszeiten und der Arbeitsdruck führen zu körperlichen Überanstrengungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Erschöpfung. Damit die Beschäftigten unterwegs und im Büro leistungsfähig und gesund bleiben, fordert die IG Metall, dass die Arbeitsplätze mit qualitativ hochwertigen EDV- und Telekommunikationsgeräten ausgestattet werden. Zudem muss eine optimale Organisation der Arbeitsabläufe auch realistische Leistungs- beziehungsweise Zielvorgaben und eine gute Zeitplanung beinhalten.
Der jüngste wirtschaftliche Aufschwung hat in den Firmen für volle Auftragsbücher und steigende Umsätze gesorgt. Doch die während der Krise in vielen Unternehmen ausgedünnte Personaldecke bleibt in vielen Firmen dünn. Um Renditeziele zu erreichen, strukturieren die Betriebe Arbeitsprozesse um oder legen Abteilungen zusammen. Und die Personalleitungen geben immer häufiger Aufträge an Freiberufler, stellen Leiharbeitnehmer ein oder wickeln Arbeiten über Werkverträge ab. Statt die Stammbelegschaft aufzustocken, etablieren die Unternehmen so gezielt eine neue billige Beschäftigtengruppe. Um das zu umgehen, haben Betriebsrat und IG Metall bei Airbus ein ganzheitliches „Airbus Operating System“ mit der Unternehmensleitung vereinbart. Wenn der Flugzeugbauer plant, Arbeitspakete fremd zu vergeben oder Tätigkeiten auszulagern, wird der Betriebsrat frühzeitig informiert und beteiligt.
Tatsächlich gibt es nicht nur eine Lösung für alle Probleme. Um die Situation zu verbessern, lohnt es sich, wenn die Beschäftigten gefragt werden, die Betriebsräte ihre Mitbestimmungsrechte nutzen und dann mit den Betroffenen gemeinsam eine Lösung suchen. Dass ein solches Vorgehen erfolgreich sein kann, zeigen die Beispiele bei Ford, Continental und Airbus. Die IG Metall-Initiative „Gute Arbeit im Büro“ unterstützt dabei.