Das hybride Arbeiten, also die Mischung aus Tätigkeit im Betrieb und mobil zum Beispiel im Homeoffice, macht bei den Unternehmen Schule. Auch bei Siemens zeichnet sich eine neue Arbeitskultur ab. Eine neue Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Titel „MobileWorking im NewNormal“ gibt den Beschäftigten neue Freiräume und nimmt die Erfahrungen aus der Corona-Zeit auf.
Die Beschäftigten können entscheiden, ob sie zusätzlich zur Büroarbeit zwei bis drei Tage mobil arbeiten und an welchem Ort. „Maßgeblich ist dabei, wo es für sie persönlich und für ihre Tätigkeit am sinnvollsten ist. Dabei kommt der Abstimmung unserer Kolleg*innen mit ihrer Führungskraft und ihrem Team eine besondere Rolle zu“, sagt Tobias Bäumler, stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, der die Vereinbarung mit seinem Team ausverhandelt hat. Im Betrieb würde sichergestellt, dass auch weiterhin ein passender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird, auch wenn die Hälfte der Arbeitszeit mobil gearbeitet wird.
Die Freiwilligkeit ist für die IG Metall bei der Neugestaltung von Homeoffice ein absolutes Muss, betont Hagen Reimer, Unternehmensbeauftragter für den Siemens-Konzern bei der IG Metall, zur neuen Rahmenvereinbarung. „Die Mitarbeiter haben zwar keinen Anspruch auf bestimmte Wochentage im Homeoffice. Man kann die Beschäftigten aber auch nicht zwingen, an bestimmten Tagen ins Homeoffice zu gehen. Den Beschäftigten steht weiterhin ein Arbeitsplatz im Betrieb zu, es gibt aber keinen Anspruch auf ganz bestimmte Tische. Die Arbeitsplatzkonzepte müssen zu den Bedürfnissen unserer Kollegen*innen und ihren Arbeitsinhalten passen. Es geht um mehr Flexibilität für alle Beschäftigtengruppen.“
Die elektronischen Arbeitsmittel werden vom Arbeitgeber gestellt. Für den den Arbeitsplatz und anfallende Betriebskosten bei der mobilen Arbeit sind die Beschäftigten verantwortlich. Dem gegenüber stehen entfallende Kosten und eingesparte Zeit für den Weg zur und von der Arbeit. Beim Arbeits- und Versicherungsschutz bleibt der Arbeitgeber in der Pflicht.
Die Gesamtbetriebsvereinbarung gibt die Rahmenbedingungen vor, die für die örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten sollen, die in der Zeit nach der Pandemie kommen werden. Grundsätzlich soll die Arbeit im Homeoffice nicht mehr als die Hälfte der Arbeitszeit der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters betragen, heißt es in der Gesamtbetriebsvereinbarung. Es soll nicht zu einer tatsächlichen Verlängerung oder Verkürzung der individuellen Arbeitszeit kommen.
Wichtig ist, dass Zeiten ohne Erreichbarkeit bestehen bleiben. „Die Beschäftigten müssen auch bei mobiler Arbeit ein Recht auf Abschalten haben“, betont Jürgen Kerner, Hauptkassierer der IG Metall und Siemens-Aufsichtsratsmitglied. „Dazu braucht es betriebliche Vereinbarungen, die die aktuellen Erfahrungen berücksichtigen und die Beschäftigten vor den Nachteilen entgrenzter Arbeit schützen. Ohne einen intensiven Dialog mit der Arbeitnehmerseite wird es nicht gehen.“
Viele Beschäftigten dürften diese neuen Formen der Arbeitsortgestaltung wie bei Siemens offen gegenüber stehen. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat in einer Umfrage festgestellt, dass etwa die Hälfte derjenigen, die derzeit viel oder ganz im Homeoffice arbeiten, dies auch gerne nach der Coronakrise beibehalten wollen.