Die Ausgangslage war eindeutig, der Auftrag klar: Bereits seit 2009 ermöglicht eine Gesamtbetriebsvereinbarung mobiles Arbeiten bei Daimler. Rund 30 000 Beschäftigte im Unternehmen sind bereits „always on“ – allerdings: Der Umgang mit Arbeitszeit, ihre Erfassung und Vergütung, ist nicht geregelt, es gelten örtliche Gleitzeitvereinbarungen. Die Beschäftigten arbeiten deshalb häufig unentgeltlich mobil beziehungsweise bewegen sich in rechtlichen Grauzonen. „Mit einer neuen Gesamtbetriebsvereinbarung wollen wir es den Beschäftigten ermöglichen, flexibler über ihre Arbeitszeit und den Arbeitsort zu bestimmen“, sagt Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht, „und zwar im legalen Rahmen, geschützt und bezahlt“.
Das Konzept, mit dem das Vorhaben nun umgesetzt wird und das für den Betriebsrätepreis nominiert ist, stellt die Betriebspolitik radikal vom Kopf auf die Füße. Vor der Aufnahme von Verhandlungen zu einer neuen, innovativen Gesamtbetriebsvereinbarung wurde eine zweistufige Beteiligungskampagne im Unternehmen durchgeführt: In einer Onlinebefragung sowie in vertiefenden halbtägigen Workshops an allen Standorten konnten die Beschäftigten ihren Regelungsbedarf eigenständig formulieren – und das taten sie. Die Resonanz war überwältigend: 33 400 Daimler-Beschäftigte nahmen an der Onlinebefragung teil, das sind 41 Prozent der insgesamt 82 500 Befragten. Auch an den bundesweiten Workshops beteiligten sich die Beschäftigten engagiert und leidenschaftlich.
Durch die Initiative des Gesamtbetriebsrats, der sowohl die IG Metall als auch das Unternehmen als Projektpartner und das Fraunhofer IAO als wissenschaftliche Begleitung gewinnen konnte, gelang es, die ganze Bandbreite an Meinungen und Erfahrungen der Beschäftigten zu mobilem Arbeiten zu erfassen. Klar wurde: Für mehr als 90 Prozent der Teilnehmenden hat mobiles Arbeiten eine positive Bedeutung. Sie versprechen sich konzentrierteres Arbeiten, weniger unnötige Wege, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Die Ergebnisse zeigen den klaren Wunsch nach mehr mobiler Arbeit“, sagt Michael Brecht. „Dem werden wir Rechnung tragen.“
Deutlich wurde zudem, dass die Beteiligungskampagne eine Blaupause für künftige Betriebspolitik ist. „Wir wollen als Gesamtbetriebsrat den Raum für direkte Beteiligung schaffen – damit gehen wir zum einen auf die veränderten Ansprüche der Beschäftigten ein“, sagt Michael Brecht. „Zum anderen hilft uns konsequente Beteiligung auch dabei, unsere organisationspolitischen Ziele zu verfolgen und als IG Metall noch stärker zu werden.“