... wurde der Betriebsrat für den Deutschen Betriebsrätepreis 2011 nominiert.
„Wir haben die Verlagerung verhindert“, freut sich Petra Meyer-Spreckic, Betriebsratsvorsitzende bei Harman Becker im pfälzischen Schaidt. „Eine Verlagerung, die bereits von der US-Konzernspitze beschlossen war. Das ist ein großer Erfolg.“ Der Betriebsrat hat gemeinsam mit der Belegschaft und der IG Metall mit Sachverstand und Kampf die Konzernspitze schließlich im März zum Einlenken und zur Unterzeichung von zwei Tarifverträgen gezwungen: Der Standort Schaidt ist bis mindestens März 2016 gesichert. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis Ende 2013 ausgeschlossen.
Auch für die Zeit danach sind Kündigungen und damit auch eine Schließung erschwert: In Schaidt bauen 670 Beschäftigte Radio- und Navigationssysteme für Autos. Viele von ihnen sind seit Jahrzehnten im Betrieb. Die tariflich vereinbarten Abfindungen in Höhe von 1,8 Monatsgehältern je Beschäftigtenjahr plus 10000 Euro würden die Firma leicht eine hohe fünf- oder gar sechsstellige Summe je entlassenen Beschäftigten kosten.
Konzernspitze will Verlagerung in „Best-cost-Country“
Vor ein paar Monaten sah das noch ganz anders aus: Letztes Jahr im Herbst kündigte die Konzernleitung von heute auf morgen die Schließung oder den Verkauf des Standorts Schaidt an. Seit Finanzinvestoren, unter anderem KKR, 2008 das Ruder bei Harman Becker übernommen hatten, wehte ein scharfer Wind. Kosteneinsparungen wurden zum obersten Ziel erklärt. Die Produktion in Schaidt sollte in ein „Best-cost-Country“ verlagert werden. Es sollte nach Ungarn gehen, wo Harman Becker bereits einen kleinen Standort hat, der in den letzten Jahre mit EU-Subventionen ausgebaut worden war.
„Wir waren empört“, erinnert sich Petra Meyer-Spreckick. „Es kann doch nicht sein, dass wir mit unseren Steuergeldern den Abbau unserer Arbeitsplätze finanzieren.“ Der Betriebsrat nahm Kontakt mit der rheinland-pfälzischen EU-Abgeordneten Jutta Steinruck (SPD) auf, um entsprechenden Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Denn eine EU-Richtlinie zu Subventionen sieht vor, dass die EU-Fördergelder zurückgezahlt werden sollen, wenn dadurch eine wesentliche Anzahl von Arbeitsplätze anderswo in der europäischen Union abgebaut werden.
Kämpfen und verhandeln
Betriebsrat und die in der IG Metall organisierten Beschäftigten kämpften gegen die Verlagerung mit zahlreichen Aktionen im Werk. Auch die Leihbeschäftigten waren immer alle dabei. Die zeitnahe und intensive Information der wurde zur tragenden Säule des Widerstands, gegen die Pläne des Managements. Die Menschen fragten: „Wie sieht unsere Zukunft aus?“. „Was ist mit meinem Haus, das ich noch abzahlen muss?“. Eine dieser Informationsrunden zog sich über 26 Stunden in der Kantine.
Über die Weihnachtsferien bezogen die Beschäftigten eine Mahnwache im Bauwagen vor dem Werkstor, um zu verhindern, dass die Geschäftsleitung Maschinen abtransportiert. „Wir sahen da klare Anzeichen. Vorgesetzte hatten schon einzelne Beschäftigte vorsichtig angefragt, ob sie bereit wären mitzugehen, um an einem anderem Standort beim Anlernen zu helfen“, erzählt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Stefan Glaser. Er blieb mit einigen anderen auch an Weihnachten und Sylvester da. „Da waren immer Leute mit uns im Bauwagen“, erinnert sich Glaser. „Und nicht nur die Bevölkerung, sondern auch Gewerbetreibende aus Schaidt und Umgebung halfen uns: Ein Bauunternehmer stellte uns den Bauwagen kostenlos zur Verfügung. Wir bekamen Heizung, Internet, Kaffeemaschinen – Brot vom Bäcker und Strom vom Obstladen nebenan. Die haben ja auch gewusst: Wenn wir zugemacht werden, sind ihre Kunden ja auch weg.“