Der Ausbildungsstart im August und September steht vor der Tür und immer noch sind viele auf der Suche: Laut der Bundesagentur für Arbeit haben 158 000 Interessentinnen und Interessenten im Juni noch keinen Ausbildungsplatz gefunden. Gleichzeitig war knapp die Hälfte der Ausbildungsstellen noch nicht besetzt. „Wir haben einen massiven Ausbildungsrückgang. Im Jahr 2020 gab es zum ersten Mal seit der Deutschen Einheit weniger als 500 000 abgeschlossene Ausbildungsverträge“, sagt Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall. „Das ist aus unserer Sicht sehr alarmierend.“
Expertinnen und Experten führen das vor allem auf wirtschaftliche Unsicherheiten zurück, die sich durch die Coronapandemie noch verschärft haben. Eine Studie der IG Metall Jugend bestätigt eine große Unsicherheit bei den jungen Menschen. Über 50 Prozent der Befragten haben das Gefühl, ihr Leben nicht mehr selbst zu kontrollieren. Fast 40 Prozent gaben in der „Plan B“-Studie an, ihre beruflichen Zukunftspläne aufgrund der Pandemie teilweise oder ganz verändert zu haben.
Ein anderer Grund für den Rückgang ist die Transformation und die Digitalisierung. Besonders die Auto- und Zuliefererindustrie ist davon betroffen. „Wir stecken mitten in der Transformation – die Unternehmen brauchen Fachkräfte. Kurzsichtige Handlungen wie Ausbildungsstellen aufgrund der Pandemie zu streichen, das können die Arbeitgeber sich nicht leisten“, sagt Christiane Benner. Vielmehr müssten die Ausbildungen stabilisiert werden, um den jungen Menschen eine Zukunft zu bieten, fordert die Gewerkschaft. „Das ist eine gesellschaftliche Verantwortung, aber auch eine Frage der ökonomischen Vernunft.“
Ein Beispiel für solch kurzsichtiges Handeln ist das MAN-Werk in Salzgitter. Dort hat das Unternehmen eine Gesamtbetriebsratsvereinbarung zur Ausbildung gekündigt. Damit wurde die Ausbildungs- und Übernahmegarantie einseitig beendet. Das Unternehmen ließ zunächst offen, wie viele der 35 Ausbildungsstellen für die kommenden Jahrgänge erhalten bleiben, bald folgte dann die ernüchternde Antwort: Lediglich 16 Plätze sollten übrig bleiben.
Doch Beschäftigte und IG Metall haben sich gewehrt. Durch Aktionen der Jugend- und Ausbildungsvertretung (JAV) und Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung, ist die Zahl der Stellen für Auszubildende und dual Studierende auf 24 erhöht worden. Nun wird um jeden einzelnen weiteren Ausbildungsplatz gekämpft. „Für uns als Jugend ist Ausbildung die Zukunft. Wir werden weiterhin mit Aktionen für die Ausbildung und für eine gesicherte Übernahme kämpfen! Einfach so akzeptieren wir die Kündigung der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht“, sagt Berivan Özcelikman, JAV-Vorsitzende bei MAN in Salzgitter.