Der Übergang von der Schule in ein Arbeitsverhältnis gelingt vielen jungen Menschen. Sie meistern die Anforderungen oft ohne größere Probleme. Manche hingegen tun sich schwerer mit der Wahl, wie es nach der Schule weitergeht. Eine Ausbildung beginnen, und wenn ja welche? Manche Jugendlichen brauchen Unterstützung bei der Berufsorientierung und jemand, der ihnen zur Seite steht, wenn sie nur Absagen bekommen.
Doch es gibt Angebote von Firmen für Jugendliche, die es schwerer als andere haben. Zum Beispiel die sogenannte Einstiegsqualifizierung, kurz EQ, bei Audi in Ingolstadt. Jugendliche schnuppern zehn Monate in verschiedene Bereiche des Unternehmens und entscheiden sich erst danach für eine Ausbildung als Fertigungsmechaniker oder Mechatroniker. Die sogenannte Einmündungsquote, also die Aufnahme einer regulären Ausbildung, beträgt 60 bis 70 Prozent.
Der IG Metall-Betriebsrat Jürgen Wittmann, der das Programm bei Audi betreut, sieht das Angebot als „Türöffner für die Berufsausbildung“. Grundphilosophie ist es, jungen Menschen, die durch das „normale“ Raster gefallen sind wegen der Noten oder sozialer Aspekte, die Chance auf eine Ausbildung zu geben. Die Teilnehmer der Einstiegsqualifizierung bei Audi sind aktuell zwischen 16 und 29 Jahre alt und werden sozialpädagogisch und auch bei schulischen Themen unterstützt. Das Unternehmen hat gute Erfahrungen damit gemacht. Laut Ausbildungsleiter Richard Wensauer entwickeln sich die Jugendlichen im EQ-Programm überdurchschnittlich gut. „Viele erkennen, dass wir ihnen nochmal eine Chance geben. Viele wissen, das ist jetzt vielleicht meine letzte Chance, wirklich Fuß zu fassen.“
Angebote, die jungen Menschen den Weg in eine reguläre Ausbildung bahnt, wie bei Audi müsste es viel mehr geben. Denn die Zahl der jungen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren, die keinen berufsqualifizierenden Abschluss haben, ist mit 2,6 Millionen erschreckend hoch. Tendenz steigend. Auch die neue IG Metall-Analyse zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt legt den Finger in die Wunde. Die sogenannten Passungsprobleme nehmen zu. Zum zweiten Mal in Folge liegt die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen über der der noch suchenden Bewerberinnen und Bewerber. Gleichzeitig stieg die Zahl der unversorgten Jugendlichen, was die Lage verschärft. Gesamtwirtschaftlich standen im vergangenen Jahr 73.400 unbesetzte Ausbildungsplätze 63.700 unversorgten und suchenden Jugendlichen gegenüber.
Laut IG Metall liegen die sogenannten Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt an einer mangelnden Berufsorientierung während und nach der Schulzeit sowie an regional ungleich verteilten sowie unattraktiven Ausbildungsangeboten der Unternehmen. Dazu komme oft eine rigide Einstellungspraxis mit zu hoch erwarteten formalen Bildungsabschlüssen. Nachhaltig ist dieses Vorgehen nicht, gehen den Unternehmen viele zwar lernschwächere, aber motivierte Bewerber verloren. Mit Blick auf den Fachkräftemangel ein fataler Weg.
IG Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban mahnt: „Der Ausbildungsmarkt und vor allem die Jugendlichen brauchen jetzt ein Maßnahmenpaket: ein breiteres Angebot an qualifizierten und attraktiven Ausbildungsstellen, eine systematische Information und Begeisterung junger Menschen für die gesamte Palette der Berufe durch Jugendberufsagenturen.“ Kern aber bleibe die Verantwortung der Unternehmen. Nur jeder fünfte Betrieb bildet derzeit aus: „Wer ausbildet, muss das mit guten Bedingungen tun. Wer nicht ausbildet, muss zahlen“, sagt Urban.
Neben einem systematischen Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf fordert die IG Metall deshalb eine gesetzliche Umlagefinanzierung. Eine Abgabe nicht ausbildender Betriebe soll hiermit ausbildende Betriebe unterstützen. „Das Engagement der Arbeitgeber für die eigene Zukunft und die junger Menschen ist ernüchternd. Wer nicht oder kaum ausbildet, darf nicht über ein Fachkräfteproblem jammern. Arbeitgeber und Politik müssen jetzt gegen Ausbildungsboykott und Ausbildungsfaulheit aktiv werden.“