Laut unserer aktuellen Ausbildungsbilanz wurden 2014 erneut weniger neue Ausbildungsverträge im Kernbereich der Metall- und Elektroberufe geschlossen. „522 000 Ausbildungsverträge im Jahr 2014 sind erneut ein historischer Tiefststand. Das sind nochmals rund 7 000 Stellen weniger als im Jahr zuvor“, erklärte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes IG Metall-Vorstandsmitglied in der Donnerstag-Ausgabe der „Frankfurter Rundschau“. Auch die Metall- und Elektroindustrie bilde weniger aus, als wünschenswert und notwendig wäre, um den Fachkräftebedarf langfristig zu decken. „Hier muss deutlich mehr passieren“, kommentierte Urban unsere aktuelle Auswertung zu den Ausbildungszahlen 2014.
Leider gehe vielen Unternehmen noch immer kurzfristige Kostenersparnis und schneller Gewinn über eine nachhaltige Personalplanung. „Die Betriebe verhalten sich wie bildungspolitische Trittbrettfahrer“, beklagte Urban. Man hoffe darauf, dass die Konkurrenz ausbildet, um die Fachkräfte dann abzuwerben. Wenn aber alle Trittbrettfahren, so Urban, wer solle dann den Karren ziehen?
Die Ausbildungsquoten sind eher gering, in der Automobilindustrie liegt sie beispielsweise bei lediglich 3,3 Prozent. Eine aktuelle Sonderauswertung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) zeigt sogar, dass die Ausbildung in den Metall- und Elektroberufen in den letzten 20 Jahren stark geschrumpft ist. Seit 1994 ist laut IAQ die Zahl der Jung-Facharbeiter in diesen Berufen um 36,5 Prozent zurückgegangen. Zu wenig neue Fachkräfte treten in den Arbeitsmarkt ein. „Der Kernbereich der deutschen Exportindustrie, die Metall- und Elektroindustrie, ist nicht hinreichend für die Zukunft gerüstet“, warnt deshalb der Arbeitsmarktforscher Gerhard Bosch vom IAQ.
288 309 ausbildungsinteressierte Jugendliche haben 2014 keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten. 81 188 dieser Jugendlichen halten aktuell ihren Ausbildungsplatzwunsch weiter aufrecht. 207 121 Jugendliche haben sich für eine Alternative entschieden, meist mit Warteschleifencharakter oder einfach resigniert. Regional ist die Ausbildungssituation dabei sehr unterschiedlich. Fehlen beispielsweise in NRW Ausbildungsplätze, so ist es in einigen Regionen Süddeutschlands umgekehrt, Betriebe finden hier keine Auszubildenden.
„Die aktuelle Analyse der Ausbildungssituation 2014 verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf“, erklärte Urban. In der im Dezember 2014 neu vereinbarten Allianz für Aus- und Weiterbildung sollen die Probleme angegangen werden. Die Gewerkschaften werden daran mitarbeiten. „Wir benötigen mehr betriebliche Ausbildungsplätze und eine hohe Qualität der Ausbildung nach tarifvertraglichen Maßgaben“, sagte Urban in der „Frankfurter Rundschau“. Das gilt besonders für Betriebe, die wegen unattraktiver Rahmenbedingungen derzeit keinen Auszubildenden finden.
Die Unternehmen müssen sich auch verstärkt lernschwächeren Bewerbern öffnen, die vielleicht nicht so gute Noten mitbringen, aber dafür praktisches Verständnis. „Helfen können Fördertarifverträge, wie wir sie bereits abgeschlossen haben, und öffentlich geförderte andere Formen der assistierter Ausbildung“, so Urban. Denn der Mangel an Ausbildungsplätzen schadet nicht nur den jungen Menschen, sondern auf mittlere Sicht auch den Unternehmen und so der gesamten deutschen Wirtschaft.
Für uns wird sich der Erfolg der Allianz für Aus- und Weiterbildung insbesondere an folgenden Punkten festmachen: Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsverträge vor allem bei Metall- und Elektroberufen, IT-Berufen und kaufmännischen Berufen muss wieder steigen. Die Einmündungsquote in Ausbildung muss angehoben werden. Von 810 540 Ausbildungsinteressierten haben nur 522 231 einen Ausbildungsvertrag erhalten. Und ganz wesentlich: Mehr Beschäftigte müssen an beruflichen Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen. Dafür müssen Weiterbildung und insbesondere die Aufstiegsfortbildung gestärkt werden.