... war das Festival in der Lanxess Arena. Die Chronik des Tages.
Halb 12, strahlender Sonnenschein. Über 20 000 junge Metallerinnen und Metaller laufen nach und nach an den drei Treffpunkten am Heumarkt, am Weidenbach und Hans-Böckler-Platz ein, wo Aktionen der IG Metall-Bezirke laufen. Danach geht es zur gemeinsamen Kundgebung am Neumarkt. Und vor dort aus schließlich zum Festival in der Lanxess Arena.
„Übernahme“ -„unbefristet“ hallt es im Frage-Antwort-Spiel im Beat von links nach rechts am Heumarkt. Laolawellen rollen über den Platz. „Als ich gefragt wurde, ob ich mitkomme, habe ich sofort gesagt: Klar, ich bin dabei“, erzählt Isabel aus Hannover. „Für mich ist hier am wichtigsten: Wir brauchen die unbefristete Übernahme. Ich bin seit Ende meiner Ausbildung im Frühjahr schon in meiner zweiten Befristung. Auch die läuft bald aus. Jetzt muss ich bald zum Arbeitsamt. Das kann doch nicht sein.“
Vorne auf der Bühne heizen Feuerspucker zu harten Rocksounds der Menge ein. „Bei uns gehen gerade jede Menge Leute in Rente. Warum soll dann der Nachwuchs nicht gleich fest übernommen werden?“, meint Tobias aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt. „Dass dann hier heute auch noch dick Party ist, ist natürlich auch gut.“
Am Weidenbach war Schießen auf ein Fußballtor angesagt: Symbolische Elfmeter für die Forderungen der IG Metall Jugend: gute Ausbildungsqualität, Perspektiven und vor allem die Übernahme nach der Ausbildung. Im Tor: Ein „Arbeitgeber“ der die einzeln geschossenen Bälle zunächst hielt. Doch dann stürmten alle auf einmal aufs Tor ein. Null Chance für den Torwart.
Rote Karten gab es für die „Pappkameraden“ aus der Politik – unter anderem für Ursula von der Leyen für ihre halbherzigen Abwehraktionen gegen unfaire Leiharbeit. Unter großem Beifall reißen die Jugendlichen mit einer Abrissbirne das „Haus der prekären Beschäftgung“ ein – um es anschließend in einem „fairen“ Grundriss wieder aufzubauen.
Ein zum Schiff umgestalteter Traktor ist die mobile Bühne am Hans-Böckler-Platz, der aus allen Nähten quillt. Die Trommelgruppe Samba Balawaa der IG Metall Völklingen heizt der Menge ein. Junge aktive fordern faire, kostenlose Bildung und Ausbildung für alle. Die Bezirksleiter Meinhard Geinken und Armin Schild reden: Wer Milliarden für die Rettung der Finanzmärkte hat, kann auch was für die Zukunft der Jugend tun, lautet die klare Botschaft an die Politik.
Die jungen Metallerinnen und Metaller bauen eine Mauer aus hunderten Kartons, als Sinnbild für die Mauer vor der junge Menschen stehen, bevor sie eine gute Arbeit und ein gutes Leben erreichen. Zum Schluss muss die Mauer weg: Die 3000 rennen sie platt. Dann geht’s mit dem Schiff voraus zur großen Kundgebung am Neumarkt.
Die Passanten reagieren ganz unterschiedlich heute. Einige gehen kopfschüttelnd vorbei. „Doch die meisten haben durchaus Verständnis“, erzählt Patrick aus Essen. Er hat sich einfach spontan einen Stapel Fan-Clapper geschnappt und spricht Leute an, die vorbeigehen, oder in Autos an der Ampel stehen. „Gerade Leute mit Kindern hören sich das schon an und sagen, dass unsere Operation Übernahme eine gute Sache ist.“
„Zwei Stück“, ordert ein etwa Füfzigjähriger spontan von sich aus Fan-Clapper. „Wo gibt’s die T-Shirts?“, will eine ziemlich schicke Boutiquenklamotten-Frau von Patrick wissen. „Da hinten am Laster“. Die Boutiqenfrau töckelt schnurstraks zum „Funmog“ der IG Metall Baden-Württemberg.
Als erster der drei Demozüge läuft der Heumarkt am Neumarkt ein, mit Beats vom LKW und dem Ersten Vorsitzenden der IG Metall Berthold Huber an der Spitze. Spontan-Rapper Borke begrüßt die Menge. Für alle gibt es gelbe „Übernahme“-Boxhandschuhe. Borkes Partner, der Beatboxer Pheel groovt mit seinem Mund sämtliche Styles durch, von Latin-Dub bis zu Dancefloor-Techno. Gänsehaut. Bald rücken auch die beiden anderen Demozüge an.
„Ich bin hier, weil wir die unbefristete Übernahme wollen“, sagt Tim aus dem märkischen Kreis. „Ich bin im zweiten Ausbildungsjahr – und weiß noch nicht, ob ich später mal einen sicheren Job habe.“
Auf mehreren Emporen im Publikum berichten aktive Jugendvertreter aus den Betrieben und Studierende von ihrer Situation und rufen ihre Forderungen heraus. Detlef Wetzel, der Zweite Vorsitzende der IG Metall, redet und stellt die Charta der IG Metall für die junge Generation vor. Was die junge Generation will und braucht, ist heute klar: die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, von Familie und Beruf, faire Bildungschancen für alle – und eine sichere und faire Arbeit. „Sichere Arbeit heißt in erster Linie: die unbefristete Übernahme“, macht Wetzel klar. „Und dafür wollen wir in der nächsten Tarifrunde kämpfen.“
Danach schweben riesige rote „Abeit – sicher und fair“-Bälle über die Menge. Borke und Pheel rappen mit eingestreuten Samples aus Wetzels Rede. „In ganz Europa erhebt sich die Jugend gegen Perspektivlosogkeit – In Dortmund, in Rom, in Athen, in Wien“, ruft Bundesjugendsekretär Eric Leiderer der Menge zu. „Und die IG Metall und ihre Jugend ist mittendrin. Und wir mischen ganz vorne mit. Und wir werden immer stärker und lauter.“
Zum Schluss fliegen noch mal die Boxhandschuhe zu Beats von Borke und Pheel. „Übernahme“ links – Echo „unbefristet“ rechts. „Arbeit – sicher und fair.“ „Wir sind hier, wir sind laut – weil man uns die Zukunft klaut.“ Mit einem großen Knall geht es dann ab – auf die Demo durch Köln zum Festival in der Lanxess Arena.
Dolly Gun, Mono & Nikitaman, Jennifer Rostock, Revolverheld und Culcha Candela. Die angesagtesten deutschen Bands rocken die 20 000 in der riesigen Halle. Zwei Tage vorher lief hier in der Lanxess Arena Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“ – beim Aktionstag der IG Metall Jugend ist mehr los. Comedy-Star Carolin Kebekus moderiert die Party mit ihrer Ghetto-Schnauze.
Währenddessen läuft der Jugend-Aktionstag in der 20 Uhr-Tagesschau: Über zwei Minuten. Der längste Beitrag nach dem Euro-Rettungsschirm-Gezerre. Sensationell.
Und nachdem Revolverheld mit „Das geht raus an alle Spinner. Ihr seid die Gewinner“ die Menge besingt, können sich alle auf den XXL-Videowänden und dem Videowürfel bewundern: Der Arbeitskreis Medien aus jungen Aktiven hat direkt ein Video vom Aktionstag produziert.
Zum Schluss kommt Culcha Candela, die Multikulti-HipHop-Band aus Berlin. Und die Halle kocht. Der letzte Song: „Monsta“. Schluss!