Oft läuft es auf einen Vergleich hinaus. Unabhängig davon ob es um Abmahnungen, Entgeltforderungen oder eine Kündigung geht. Das erklärt Iris Ziesche, ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht Berlin und Betriebsratsvorsitzende bei Stadler Pankow. Und bei einem Vergleich geht es letztendlich darum, möglichst viel für den Beschäftigten rauszuholen. Er ist so etwas wie ein Kompromiss, den das Gericht zu finden sucht.
Doch in den meisten Fällen sind es Kündigungsschutzklagen. So wie in dem Fall eines wegen Rückenproblemen erkrankten Arbeitnehmers, erinnert sich Ziesche. Der Mann war gekündigt worden und klagte dagegen vor dem Arbeitsgericht in Berlin. Ziesche erzählt, wie es zu der Kündigung kam: Der Arbeitgeber hatte einen Privatdetektiv engagiert, der den Arbeitnehmer beschattete und während der Krankschreibung fotografierte, als dieser mit einem schweren Gegenstand beladen war. Doch der Arbeitnehmer bekam Recht und die Kündigung musste zurückgenommen werden, freut sich Ziesche. Dass der Beschäftigte trotz Foto Recht bekam, lag vor allem daran, dass er nach seiner Krankschreibung direkt wieder zur Arbeit kam. Damit konnte das Argument des Arbeitgebers, der Beschäftigte würde den Gesundungsprozess gefährden, entkräftet werden.
In den Kammern der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte sitzen immer zwei ehrenamtliche Richter und zwar jeweils aus Kreisen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Sie sorgen mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen aus der Praxis dafür, dass das Gericht nicht die Bodenhaftung verliert. Denn neben dem Fachwissen, soll auch der betriebliche Alltag in den Gerichtsverfahren berücksichtigt werden. Und das fällt den meisten Berufsrichtern in aller Regel schwer.
„Vor allem meine berufliche Erfahrung und die Arbeit im Betriebsrat helfen bei der Ehrenamtlichen Richtertätigkeit“, erzählt Iris Ziesche. Alle drei Richter haben die gleichen Rechte und Pflichten. So dürfen die ehrenamtlichen Richter in den Sitzungen den Parteien, Zeugen und Sachverständigen Fragen stellen, damit sie sich ein umfassendes Bild von dem Fall machen können. „In den Verhandlungen geht es meist gesittet zu“, berichtet Ziesche. Auch die Vertreter der Arbeitgeberseite verhielten sich ruhig. Dagegen könne es schon mal hitzig werden, wenn sich die drei Richter nach dem Termin zur abschließenden Beratung zurückziehen. Wie unterschiedlich der gleiche Sachverhalt von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgelegt werde, obwohl beide über die gleichen Informationen verfügen, das ist für sie jedes Mal wieder spannend, erklärt die Betriebsrätin.
Iris Ziesche ist 52 Jahre und seit über zehn Jahren als ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht dabei. Doch sie ist nicht nur ehrenamtliche Beisitzerin am Bericht. Im wahren Leben ist sie Betriebsratsvorsitzende beim Schienenfahrzeugbauer Stadler Pankow in Berlin. Und da nutzten ihr die Erlebnisse als ehrenamtliche Richterin ebenfalls. Sie kann dann schon mal den einen oder anderen Kollegen ausbremsen, wenn diese vorschnell ankündigen, wenn sie etwas ärgert: „Da klag ich. Das klär ich vor Gericht.“ Denn inzwischen kann sie schon gut abschätzen, welche Klagen Aussicht auf Erfolg haben und welche nicht.
Seit Beginn des Jahres ist sie zum Landesarbeitsgericht Berlin gewechselt. Zu dem Ehrenamt kam Ziesche auf Vorschlag der IG Metall Berlin. Mit dem Wechsel ans Landesarbeitsgericht hat sie nun mehr Möglichkeiten sich auf die Verhandlungen vorzubereiten. Denn anders als beim Arbeitsgericht erhält sie jetzt vor dem Termin neben dem erstinstanzlichen Urteil auch die Berufung sowie Erwiderung der Parteien. Sie verfasst außerdem das Urteil mit und unterschreibt es auch.