18. Dezember 2024
Jahresrückblick 2024
2024: Das haben wir erkämpft, das haben wir bewegt!
Wir waren auf der Straße, wir waren vor den Toren, wir waren in Berlin und Brüssel. 2024 zeigte sich als sehr herausforderndes Jahr – in dem die Metallerinnen und Metaller viel bewegen konnten. Es lohnt sich zurückzublicken.

Tarifrunden 2024

Holz und Kunststoff, Leiharbeit, Textil Ost und die Metall- und Elektroindustrie - 2024 standen in einigen Branchen der IG Metall große Tarifrunden an. In vielen konnten die Beschäftigten und die IG Metall nur mit massiven Warnstreiks gute Tarifergebnisse durchsetzen.


Holz und Kunststoff: Mehr Geld erkämpft

Über 14 000 Beschäftigte machten in der Tarifbewegung der Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie vor den Werkstoren oder bei Aktionen Druck. Das war auch notwendig: Noch mehr als in früheren Tarifrunden wollten regionale Arbeitgeberverbände in ihren jeweiligen Tarifgebieten Abschläge durchsetzen. 

Doch mit den 1020 Aktionen und Warnstreiks in 126 Betrieben konnten die Beschäftigten mehr Geld erkämpfen: Sie erhielten noch 2024 eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 2300 Euro, 5 Prozent mehr Geld ab Herbst 2024 und weitere 3 Prozent gibt es ab Sommer 2025. In Thüringen und Sachsen kommen noch einmal ähnlich wie in Berlin und Brandenburg ein paar Prozente zur Angleichung an die Entgelte von Sachsen-Anhalt obendrauf.


Leiharbeit: deutlich über Mindestlohn

Die IG Metall setzte in der Tarifbewegung Leiharbeit 2024 gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften deutlich mehr Geld für Leihbeschäftigte durch. Die Entgelte steigen in zwei Stufen: um 3,7 Prozent zum 1. Oktober 2024 und um weitere 3,8 Prozent zum 1. März 2025.

Mit diesem Ergebnis konnte die Differenz zum allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn deutlich vergrößert werden: Die untersten Stundenlöhne in Entgeltgruppe 1 steigen von aktuell 13,50 Euro auf 14,53 Euro ab März 2025 – und liegen dann um 13,35 Prozent über dem gesetzlichen Mindestlohn. Das ist der größte Abstand seit dessen Einführung.

Hinzu kommt, dass sich durch die Entgelterhöhungen tarifdynamisch auch Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und die Mitglieder-Extrazahlung erhöhen.

 

Textil Ost: große Schritte in Richtung Angleichung Ost an West

Erst die Warnstreiks brachten den entscheidenden Wendepunkt in die Tarifverhandlungen der ostdeutschen Textilindustrie - und ein Ergebnis, das sich sehen lässt. Die Entgelttabelle wird in mehreren Stufen um ganze 10 Prozent angehoben und bringt damit die Angleichung der ostdeutschen Einkommen an das Westniveau einen großen Schritt näher.

Zusätzlich zu der Entgelterhöhung erhalten die Beschäftigten eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1 250 Euro in drei Schritten. Und auch bei der Altersteilzeit konnte sich die IG Metall durchsetzen: Die Regelung wird verlängert und durch die Einführung eines flexiblen Ausstiegsmodells entscheiden die älteren Kolleginnen und Kollegen selbst, welcher Ausstieg besser in ihre Lebensphase passt.

 

Metall- und Elektroindustrie: mehr Geld, mehr Zeit und mehr Stabilität

Mehr als 620 000 Beschäftigte haben vor den Werkstoren und auf den Straßen Druck gemacht. Und konnten so trotz der schwierigen Rahmenbedingungen ein solides Ergebnis erzielen.  

Der Durchbruch bei den Verhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie Mitte November bringt den Beschäftigten mehr Geld, mehr Zeit und mehr Stabilität: ab April 2025 gibt es 2,0 Prozent mehr Geld und weitere 3,1 Prozent ab April 2026, dazu kommt eine Sonderzahlung von 600 Euro bis Februar 2025. Auszubildende erhalten ab Januar 140 Euro mehr und ab April 2026 3,1 Prozent. Außerdem steigt der T-ZUG B 2026 auf 26,5 Prozent. Verbesserte Freistellungszeiten wurden ebenfalls erreicht - endlich auch für Teilzeitbeschäftigte.


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Auto: Betriebe und Politik in die Pflicht

In vielen Betrieben kämpften IG Metall und Beschäftigte 2024 für den Erhalt von Arbeitsplätzen und gegen ein kurzfristiges, rein renditegetriebenes Handeln mancher Geschäftsleitung. So war im auslaufenden Jahr in den Schlagzeilen häufig das Wort Krise zu lesen, wenn es um die Autoindustrie ging. Doch wer von Krise spricht, muss auch erwähnen: Fast alle Hersteller und sehr viele Zulieferer haben in den letzten Jahren sehr viel Geld verdient.

Viele haben auch im Jahr 2024 wieder gute Ergebnisse erzielt und werden davon auch beträchtliche Summen an ihre Anteilseigner ausschütten. Die Ursachen für die schwierige Lage in den verschiedenen Unternehmen sind vielfältig. Manche haben sich durch unkluge Ankäufe überschuldet, manche halten an ineffizienten Strukturen fest, andere haben durch Betrug oder falsche Entscheidungen Milliardenkosten verursacht. Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, erklärt worauf es nun ankommt:

„Wir brauchen Investitionen in die Zukunft und Fachkräftesicherung, einen langen Atem statt schneller Rendite.“

Die IG Metall sieht aber auch die Politik in der Pflicht. Angesichts des schleppenden Hochlaufs der Elektromobilität, der Investitionszurückhaltung in der Wertschöpfungskette der Elektromobilität, des Zeitdrucks im internationalen Wettbewerb um die Märkte der Zukunft und des absehbaren Verfehlens der Klimaziele fordert die IG Metall jetzt ein schnelles neues Förderpaket für die Elektromobilität und hat auch einen Vorschlag entwickelt, wie dieses aussehen sollte.

 

Infrastruktur: Geld ausgeben lohnt sich

2024 war das Jahr, in dem die Botschaft endlich bei allen angekommen ist – bei fast allen zumindest. Die Botschaft lautet: Deutschland spart sich seit Jahren kaputt. Brücken und Straßen bröckeln, Schienen und Schulen ebenso.

Die Schuldenbremse zwanghaft einzuhalten, bringt den nachfolgenden Generationen überhaupt nichts, wenn sie gleichzeitig ein marodes Land erben.

Massiv investieren, mit hunderten Milliarden Euro zusätzlich. Das ist eine zentrale Forderung der IG Metall an die nächste Bundesregierung. Nahezu alle Experten und Verbände stimmen dem mittlerweile zu. Die Erkenntnis ist da. Nun muss das Geld für die Infrastruktur auch wirklich mobilisiert werden.

 

Stahl: Kampf um Wettbewerbsfähigkeit

Die heimische Stahlindustrie verlor 2024 erheblich an Wettbewerbsfähigkeit. Die Gründe dafür liegen in den politischen Rahmenbedingungen: Hohe Energiepreise und ein unfairer internationaler Wettbewerb – dem die Politik nicht genügend entgegensetzt – zerstören das Geschäft der Stahlhersteller. Die Unternehmenslenker reagieren vielerorts mit einfallslosen Sparprogrammen gegen die sich die Metallerinnen und Metaller wehren. Klar ist: Sparprogramme und mangelnde politische Rahmenbedingungen sind aus mehreren Gründen gefährlich.

Beschäftigte demonstrieren zum Stahlgipfel vor der Mercatorhalle in Duisburg.

Auf und vor dem Stahlgipfel im September kämpften Beschäftigte für einen Industriestrompreis, grüne Leitmärkte und einen fairen internationalen Wettbewerb. Hier vor der Mercatorhalle in Duisburg.

Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, verdeutlicht jedes Mal, wenn er mit der Politik spricht: „An der Stahlindustrie hängen zehntausende gut bezahlte, tariflich abgesicherte Arbeitsplätze. Aber es geht noch um weit mehr:

Als Grundstoffindustrie ist die Stahlbranche zentral für das einzigartige Wertschöpfungsnetzwerk, das Deutschland als Industriestandort erfolgreich macht.

Das muss erhalten bleiben und in die CO2-neutrale Zukunft transformiert werden. Von den Unternehmen erwarten wir, dass sie sich klar zum Industriestandort Deutschland bekennen und konsequent in die Zukunft der heimischen Standorte investieren. Die Politik muss dafür den passenden Rahmen setzen und ein verlässliches Umfeld für die dringend nötigen Investitionen schaffen. Dazu gehört vor allem ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis.“

Wie genau die politischen Rahmenbedingungen aussehen müssen, hat die IG Metall gemeinsam mit den Ländern der Stahlallianz, das sind die elf Bundesländer, die Stahlstandorte haben, und der Wirtschaftsvereinigung Stahl in einem ‘nationalen Aktionsplan Stahl’ aufgeschrieben und diesen dem Bundesswirtschaftsminister beim nationalen Stahlgipfel in Duisburg übergeben.


Weiterbildung

Die IG Metall treibt das Thema Weiterbildung nicht nur in den Betrieben voran, sondern auch politisch. Die Bundesregierung hat die Förderung für berufliche Qualifizierung zuletzt deutlich ausgeweitet. Seit dem 1. April 2024 gibt es das sogenannte Qualifizierungsgeld, das auf eine Idee der IG Metall zurückgeht. Dabei erhalten Beschäftigte einen Lohnersatz, wenn ihr Betrieb sich wandelt und neue Fertigkeiten gefragt sind.

Das Besondere daran: Das Qualifizierungsgeld kann für größere Gruppen von Beschäftigten gezahlt werden. Damit ist es speziell auf Industriebetriebe zugeschnitten, die sich für die Zukunft neu aufstellen.


Gesundheitsschutz: Neue Regeln für Bildschirmarbeit

Die Arbeit an und mit Bildschirmgeräten wird in der modernen Arbeitswelt immer wichtiger. Wie genau die Arbeit mit und an Bildschirmen auszusehen hat, damit die Gesundheit ausreichend geschützt ist, war rechtlich bislang allerdings nur ungenügend geregelt. Diese Regelungslücke wurde im Sommer durch den Erlass neuer Arbeitsschutzvorschriften zur ergonomischen Gestaltung von Bildschirmarbeit in der Arbeitsstätte in wesentlichen Punkten geschlossen. Darauf hat die IG Metall erfolgreich hingearbeitet.

Die neue Arbeitsstättenregel „ASR A6 Bildschirmarbeit“ definiert Mindestanforderungen, die der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Bildschirmarbeitsplätzen sowie bei der ortsveränderlichen Arbeit mit Bildschirmen einzuhalten hat. Damit schafft die Regel erstmals verbindliche Arbeitsschutz-Standards für die Bildschirmarbeit in der Arbeitsstätte.

Klargestellt wird, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung prüfen muss, ob seine Bildschirmarbeitsplätze ergonomisch gestaltet sind. Berücksichtigt werden müssen auch die Fähigkeiten beziehungsweise die Körpermaße und -kräfte der Beschäftigten. Klargestellt wird zudem, dass bei Bildschirmarbeit die Maßgaben der Arbeitsstättenverordnung einzuhalten sind – etwa Vorgaben bei der nötigen Raumabmessung, dem zulässigen Lärmpegel oder Anforderungen an ein gutes Raumklima.

Zu den Kernpunkten der Regel gehören außerdem konkrete Mindestanforderungen an Bildschirm- und Büroarbeitsplätze. Jenseits der Bereitstellung einer angemessenen Bildschirmzahl und -größe sowie geeigneter Eingabemittel sind dabei auch eine gute Beleuchtung, ein ergonomischer Arbeitsstuhl sowie ein ausreichend großer Arbeitstisch zu gewährleisten.

Außerdem setzt die Regel nun auch Ergonomie-Standards bei der ortsveränderlichen Verwendung von Bildschirmgeräten im Betrieb wie sie etwa durch Laptops, Tablets, aber auch bei Daten- beziehungsweise VR-Brillen entsteht. Die Herstellerangaben zur ergonomischen Benutzung der Geräte sind verbindlich. Bei VR-Brillen sind die Anforderungen an Tragekomfort und sicherer Benutzung einzuhalten. Die neue Arbeitsstättenregel schreibt einen Tätigkeitswechsel oder regelmäßige kurze Erholungszeiten vor, um die problematischen Folgen der Belastungen durch Bildschirmarbeit zu reduzieren. Für Beschäftigte, die ausschließlich am Bildschirm tätig sind, wird mindestens eine Erholungszeit von fünf Minuten pro Stunde ununterbrochener Bildschirmarbeit empfohlen.


Gefahrstoffverordnung

Nach langem politischen Ringen wurde am  im Dezember die Novellierung der Gefahrstoffverordnung veröffentlicht. Die wichtigsten Änderungen sind ein stärkerer Fokus auf krebserzeugende Gefahrstoffe und Regelungen zum Umgang mit Asbest.

Nun geht es im nächsten Jahr darum, diese Änderungen im Sinne der Beschäftigten in den Betrieben umzusetzen und den Anlass zu nutzen, um das Thema Gefahrstoffe auf die betriebliche Agenda zu setzen. Ziel muss es sein, die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben noch besser vor berufsbedingten Krebserkrankungen zu schützen.


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