Die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung zeigen: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft eine große Lücke. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeitet länger als vertraglich vereinbart und jeder Dritte würde seine tatsächliche Arbeitszeit gerne verkürzen. Die große Mehrheit, 68 Prozent, wünscht sich eine 35-Stunden-Woche oder kürzere Arbeitszeiten. Jeder Fünfte will seine Vollzeit auf weniger 35 Stunden reduzieren. 82 Prozent finden es gut, wenn sie ihre Arbeitszeit für Kindererziehung oder Pflege vorübergehend absenken können.
Damit erteilen die Beschäftigten aus Sicht des Ersten Vorsitzenden der IG Metall, Jörg Hofmann, dem Mantra der Arbeitgeber aus Vollzeit plus Überstunden plus Flexibilität plus Leistungsdruck eine klare Absage. „Das sind keine Arbeitszeiten die zum Leben passen. Die Beschäftigten wollen mehr Selbstbestimmung anstatt Fremdbestimmung in der Arbeitszeit“, sagt Hofmann.
Kurz: Die Beschäftigten wollen einen neuen Arbeitszeitstandard, der ihnen Sicherheit gibt, die Arbeitszeit gerecht verteilt und es ihnen ermöglicht, Arbeit und Leben selbstbestimmt zu gestalten. „Das Votum der Beschäftigten ist eindeutig: Sie setzen auf eine Umverteilung der Arbeitszeit entlang des Lebenslaufes. Dieser arbeitszeitpolitische Aufbruch kann weder durch den Einzelnen noch durch einzelne Betriebsräte durchgesetzt werden. Dazu sind verlässliche tarifliche und gesetzliche Regelungen nötig“, sagt Hofmann.
Arbeitszeit ist eine Frage der Gerechtigkeit. Warum? Weil die Arbeitszeit darüber entscheidet, wie Menschen am Arbeitsleben teilnehmen und sich beruflich weiterentwickeln können. Und weil der heute gängige Arbeitszeitstandard Arbeit ungerecht verteilt. Während die einen am Rande ihrer Kräfte arbeiten – abends, am Wochenende – und im Urlaub nicht abschalten können, reicht anderen ihre Arbeitszeit nicht zur Existenzsicherung.
Diese Ungerechtigkeiten will die IG Metall nicht hinnehmen. Sie hat die Beschäftigten gefragt:
Die Faktoren, mit denen die Zufriedenheit mit der Arbeitszeit besonders stark zusammenhängt, sind überall dieselben. Beschäftigte, die mit den Arbeitszeiten zufrieden sind, haben häufiger Arbeitszeiten,
Wer unzufrieden mit den Arbeitszeiten ist, hat häufiger Arbeitszeiten, die
Wer planbare Wunscharbeitszeiten und Spielräume für eigene Bedürfnisse hat, ist zufriedener – unabhängig davon, ob er in der Produktion, im Einkauf, in der IT oder in der Forschung und Entwicklung arbeitet.
In der Schichtarbeit stimmen gewünschte und tatsächliche Arbeitszeit zwar häufig überein. Aber regelmäßige Wochenendarbeit und Zeitdruck sorgen für Unzufriedenheit. Viele Schichtarbeiter beklagen, dass Schichten kurzfristig angesetzt oder gestrichen werden, was ihre Arbeitszeit weniger planbar macht.
Wer häufig mobil arbeitet, ist mit der Planbarkeit seiner Arbeitszeit und persönlichen Spielräumen zwar meist zufrieden. Dafür sorgen hier lange Arbeitszeiten über 41 Stunden für Unzufriedenheit – genau wie in der Forschung und Entwicklung.
Was die Beschäftigtenbefragung noch zeigt: Wo Tarifverträge gelten und Betriebsräte auf die Arbeitszeit achten, sind Beschäftigte deutlich zufriedener als in nichttarifgebunden Betrieben (76 Prozent im Vergleich zu 50 Prozent).
Die IG Metall will die Arbeitszeitpolitik an der Arbeitswelt von morgen ausrichten. Ziel ist eine neue Balance zwischen Fremdbestimmung und Selbstbestimmung, die an den Interessen der Beschäftigten ausgerichtet ist.
Dabei geht es um Machtfragen, die weder durch den Einzelnen, noch durch einzelne Betriebsräte durchgesetzt werden können. Die Beschäftigten setzen daher auf Tarifregeln und auf Arbeitszeitgesetze.