24. August 2020
Kampf gegen Rassismus
Rassistischer Anschlag in Hanau: Metaller gegen Rassismus
Sechs Monate ist der rassistische Anschlag von Hanau her. Aus diesem Anlass gingen bundesweit Tausende Menschen auf die Straße, darunter viele Metallerinnen und Metaller. Einer von ihnen ist Pascal Dombrowski aus Hanau. Der Anschlag ist auch für ihn persönlich ein Lebenseinschnitt.

Der 19. Februar 2020 veränderte das Leben von Metaller Pascal Dombrowski.

Ein rechtsradikaler Täter erschoss auf offener Straße, in einem Kiosk sowie vor und in zwei Shishabars in der Hanauer Innenstadt und im Stadtteil Kesselstadt acht Männer und eine Frau. Sie waren zwischen 20 und 37 Jahre alt.


Der rassistische Anschlag von Hanau verändert alles

Pascal erfährt schon früh von dem Anschlag. „In Kesselstadt wird geschossen“, schreibt jemand in einer WhatsApp-Gruppe. Doch die ganze Tragweite der Tat, dass Hanau jetzt auf schreckliche Weise international bekannt ist, dass der Name seiner Heimatstadt zukünftig mit einem rassistischen Massenmord in Verbindung gebracht werden wird – das kommt erst nach Tagen so richtig bei ihm an.

Und dann rückt die Tat plötzlich ganz nah: Pascal erfährt, dass sein Freund Ferhat Unvar unter den Opfern ist. „Wir waren früher auf der gleichen Berufsschule, haben in der Pause oft gequatscht“, erinnert er sich. „Er hatte seine Ausbildung gerade abgeschlossen.“


Trauer, Wut, Unverständnis, Fassungslosigkeit

In den Tagen nach dem Anschlag geht Pascal zu den Gedenkveranstaltungen und Kundgebungen, redet viel mit seinen Freunden. Trauer, Wut, Unverständnis, Fassungslosigkeit – es dauert, bis er seine Gefühle und Gedanken ordnen kann. Bis heute denkt er manchmal darüber nach, was gewesen wäre, wenn er selbst in der Shishabar gesessen hätte. Er war nicht dort an jenem Abend. Das Leben von Ferhat Unvar wurde ausgelöscht, seines geht weiter.


Im Einsatz für die Rechte von Azubis

Pascal ist 22 Jahre alt und hat es bald geschafft: In einem halben Jahr wird er seine Ausbildung zum Mechatroniker abgeschlossen haben. Neben seiner Ausbildung bei dem Technologiekonzern Hitachi ABB AG Power Grids am Standort Hanau und der Vorbereitung auf die Abschlussprüfung engagiert er sich ehrenamtlich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) seines Betriebs, zuletzt als JAV-Vorsitzender.

„Lieber mitmischen und sich gleich einbringen, als zuschauen und sich hinterher beschweren“, beschreibt er seine Motivation. „Wenn man die Chance hat, etwas zum Guten zu verändern, sollte man sie nutzen.“ Deshalb ist Pascal auch im Ortsjugendausschuss der IG Metall Hanau-Fulda aktiv, einem Gremium, in dem Auszubildende und junge Beschäftigte die Arbeit der IG Metall mitgestalten können.


Engagiert gegen Rassismus und Diskriminierung

Und zur Arbeit der IG Metall gehört seit eh und je der Einsatz für Respekt und Solidarität, gegen Rassismus und Diskriminierung. Für Pascal als JAV-Vorsitzenden ist das eine Selbstverständlichkeit. Sich da klar zu positionieren ist ihm wichtig, wenngleich ihm persönlich Rassismus kaum begegnet ist. „Meine Familie stammt aus Polen, abgesehen von ein paar Hänseleien früher in der Schule habe ich persönlich aber kaum Diskriminierung erlebt“, erzählt Pascal. Auch im Betrieb war das in der Regel kein Thema, mit dem er sich auseinandersetzen musste. Rassismus ist ein ernstes gesellschaftliches Problem – aber nicht in Pascals Leben, nicht an seinem Arbeitsplatz und nicht in seiner Heimatstadt Hanau. Zumindest nicht mehr als in einer beliebigen anderen Stadt – so schien es. Bis zum 19. Februar 2020.


Kein Platz für Rassismus

Pascal blickt nach vorn. Sein nächstes Etappenziel ist die Abschlussprüfung. Er bereitet auch schon die Staffelübergabe im JAV-Vorsitz vor. Jüngere sind jetzt dran, sich für ihre Interessen im Betrieb stark zu machen. Wie es für ihn persönlich weitergeht, weiß Pascal noch nicht genau. Er hat Pläne, will vielleicht schon bald mit einer Weiterbildung beginnen. Was für ihn aber feststeht: Pascal wird sich immer für Respekt und Solidarität, gegen Hass und Hetze einsetzen. Klar, Pascal ist Metaller, da ist das selbstverständlich. Aber er hat jetzt auch persönlich erfahren: Rassismus ist tödlich. Das prägt fürs Leben.

Die „Initiative 19. Februar Hanau“ setzt sich dafür ein, dass die Opfer nicht vergessen werden. Sie finanziert sich über Spenden. Hier geht es zum Spendenkonto der Initiative.


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