Aus heutiger Sicht klingt es beinah wie Satire. Es entspreche nicht der natürlichen Bestimmung der Frau. Politik sei Sache des Mannes und im Übrigen seien verheiratete Frauen eins mit ihrem Mann und hätten nur einen gemeinsamen Willen nach außen. In politischen Dingen werde die Frau daher von ihrem Mann vertreten.
Frauen stießen mit ihrer Forderung nach einem Wahlrecht lange auf heftigen Widerstand. Erst vor 100 Jahren erhielten sie das Recht, zu wählen und sich selbst wählen zu lassen.
Mit der Industrialisierung brachen alte Familienstrukturen auf. Frauen mussten in den Fabriken arbeiten, weil der Lohn eines Arbeiters keine Familie ernährte. Sie traten den Arbeiterbewegungen bei und forderten ökonomische und politische Rechte für sich. Dabei kämpften sie nicht nur gegen bestehende Strukturen, sondern manchmal auch gegen Gewerkschafter und ihre eigenen Ehemänner. Frauen wurden schlechter bezahlt und galten manchen als Lohndrückerinnen. Eine englische Frauenrechtlerin beschrieb es als einen Kampf mit einer Hand auf dem Rücken: „Öffentliche Missbilligung kann man aushalten, aber der Ärger zu Hause, der Preis, den viele von uns bezahlen mussten, war eine sehr bittere Sache.“
Aber es gab auch Unterstützung. Arbeiter streikten für das Frauenwahlrecht und die Sozialdemokraten hatten es seit 1891 in ihrem Erfurter Programm. Die wichtigste Kundgebung für das Frauenwahlrecht war der erste Internationale Frauentag im März 1911. Im November 1918 erhielten Frauen in Deutschland das aktive und passive Wahlrecht. In einigen anderen westeuropäischen Ländern dauerte es noch länger. In Großbritannien etwa bis 1928, in Frankreich bis 1945 und Schweizerinnen mussten sogar bis 1971 warten, ehe sie das Wahlrecht erhielten.
Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ist für die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, bis heute ein Thema. Während das Wahlrecht für Frauen heute selbstverständlich ist, gilt das für gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit oft immer noch nicht. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen bleibt seit Jahren konstant groß. Doch auch bereits erkämpfte Rechte gilt es zu verteidigen. Christiane Benner: „Vier Buchstaben für alle Reaktionäre, die frauenpolitische Errungenschaften wieder zurückdrängen wollen: Nein!“
Für die Rechte der Frauen hatte sich auch Toni Sender, spätere Reichstagsabgeordnete und Chefredakteurin der Betriebsrätezeitung des Metallarbeiterverbands, schon früh eingesetzt. Als 13-Jährige will die Tochter jüdischer Eltern entgegen der gesellschaftlichen Erwartungen und den Erwartungen ihres bürgerlichen Elternhauses ein unabhängiges Leben als Frau führen. Sie zieht sie von zu Hause aus und geht nach Frankfurt. Sie besucht eine private Handelsschule für Mädchen, belegt Abendkurse und arbeitet als Bürogehilfin. Toni Sender will wirtschaftlich unabhängig sein, denn nur das sichert ihre geistige Unabhängigkeit. Mit 22 Jahren tritt sie in die SPD ein, 1917 nimmt sie an der Gründung der USPD teil. Als 1918 die Novemberrevolution losbricht, ist auch Toni Sender unter den Revolutionären und in den Arbeiterräten in Frankfurt am Main.
1919 wird sie als Abgeordnete in die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung gewählt und 1920 für die USPD in den Reichstag. 1933 flieht sie vor den Nazis über Tschechien und Belgien in den USA. Zum Wahlrecht der Frauen sagte Toni Sender 1928: „Im neuen Staat, der deutschen Republik, ist die Frau wenigstens soweit aus ihrer Rechtlosigkeit befreit, dass sie durch die Sozialdemokratische Partei das Recht zu wählen bekam. Ihr Frauen und Mädchen habt den Mut zum Neuen, habt den Mut zum Glück.“