9. Oktober 2012
Initiative „Auf geht’s – faires Entgelt für Frauen“
Die Lücke schließen
Erfahrung und eine gute Ausbildung schützen Frauen nicht vor niedrigerer Bezahlung im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. In diesem Jahr haben Männer bereits am 9. Oktober so viel verdient, wie Frauen erst am Jahresende. Durchschnittlich liegt das Entgelt von Frauen etwa 22 Prozent zurück.

Gute Abschlüsse, steigende Erfahrung oder dieselben Anforderungen im Job – das alles nutzt Frauen nichts. Sie werden im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schlechter bezahlt. Im Durchschnitt liegen die Frauenentgelte 22 Prozent unter denen der Männer. In Euro ausgedrückt ist das ein Unterschied von 647 Euro im Monat. Während Männer im Jahr 2011 durchschnittlich auf einen Bruttoverdienst von 3508 Euro im Monat kommen, verdienten Frauen 2861 Euro.


Der 9. Oktober – das ist 2012 der Tag, an dem Männer bereits so viel Geld auf ihrem Gehaltskonto haben, wie Frauen erst am Ende dieses Kalenderjahres. Selbst wenn man herausrechnet, dass die typischen „Frauenberufe“, wie Friseurin, Krankenschwester oder Büroassistentin schlechter bezahlt werden. Oder dass Frauen häufiger in Teilzeit oder in Minijobs arbeiten. Die Lücke bleibt. Zudem spielt es eine Rolle, dass Männer häufiger als Frauen Karriere machen und in der Hierarchie aufsteigen. Auch beim Vergleich von Führungskräften fallen Frauen zurück. Dann liegt die Entgeltlücke sogar bei rund 30 Prozent. Das hat das Statistische Bundesamt vor kurzem errechnet.



Diese Ungerechtigkeit gibt es schon so lange, wie Frauen einer bezahlten Arbeit nachgehen. 1903/1904 bekamen Frauen im Schnitt 13 Mark in der Woche. Männer verdienten das Doppelte. Damals streikten die Crimmitschauer Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter für gerechte Bezahlung. Seither sind mehr als 100 Jahre vergangen. Wenn die Angleichung der Gehälter in diesem Tempo weitergeht, dauert es noch weitere 90 Jahre, bis Frauen dasselbe verdienen wir Männer. Diese Lücke, das sogenannte Gender-Pay-Gap, ist seither zwar kleiner geworden. Doch die Differenz liegt in Deutschland noch immer bei 22 Prozent. Während in anderen europäischen Staaten die Entgeltlücke kleiner geworden ist, vergrößert sie sich in Deutschland.


Dass Frauen schlechter bezahlt werden, das gibt kein Personalchef offen zu. Die Diskriminierung funktioniert anders, viel subtiler. Bereits beim Start ins Berufsleben bekommen Frauen weniger. Nach drei Jahren liegt der Unterschied schon bei knapp 18 Prozent. Ursachen für diese Einkommensunterschiede sind eine niedrigere Eingruppierung, Schlechterstellung bei den übertariflichen Zulagen und bei der Leistungsbeurteilung. Dazu kommen dann noch die schlechteren Aufstiegschancen von Frauen. Diese Entwicklung kann nicht durch schlechtere Bildungsabschlüsse oder weniger Erfahrung erklärt werden.


Die Schere zwischen den Verdiensten öffnet sich immer weiter, je älter und je besser die Frauen ausgebildet sind. Bei den 55- bis 64-Jährigen klaffte sie mit 28 Prozent am weitesten auseinander. Das gilt auch beim direkten Vergleich der Geschlechter mit höheren Bildungsabschlüssen. Hier war der Verdienst von Männern 27 Prozent höher als bei den Frauen. Die IG Metall will gegen diese Ungerechtigkeit vorgehen. Mit ihrer Initiative „Auf geht’s – faires Entgelt für Frauen“ wird sie diskriminierende Strukturen in den Unternehmen offen legen und gegensteuern. Dazu hat sie die Betriebsräte im Organisationsbereich der IG Metall aufgerufen.


Da die Entgeltlücke nach wie vor besteht, fordert die IG Metall eine gesetzliche Regelung. Die Sozialdemokraten haben im Mai 2012 ein Entgeltgleichheitsgesetz.in den Bundestag eingebracht. Verabschiedet wurde es noch nicht. Zudem gilt das Gebot der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit im Prinzip bereits seit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949. Zudem ist dieses Recht auch europarechtlich verankert. Trotzdem ist Deutschland mit einer Entgeltlücke von 22 Prozent eines der Schlusslichter im europäischen Vergleich.


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