Mit offiziellen Daten und Briefen, die sie am Montag als Studie veröffentlicht. Das Buch des ehemaligen Bundesbank-Vorstandsmitglieds Sarrazin, „Deutschland schafft sich ab“, verschweigt die Integrationserfolge einfach systematisch, so das Fazit der Wissenschaftlerin.
Sarrazins Thesen machen wütend. So wütend, dass der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Düsseldorf-Neuss, Nihat Öztürk sowie einige Kolleginnnen und Kollegen gegen ihn Strafanzeige gestellt haben. „Thilo Sarrazin hat in seinem Buch eine Grenze überschritten. Manche Aussagen erfüllen meine Meinung nach den Tatbestand der Volksverhetzung“, sagt Öztürk.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt war anderer Meinung: „Ich respektiere diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft, vertrete jedoch die Meinung, dass Sarrazin mit seiner biologisch-genetischen Argumentation und sozialdarwinistischer Haltung Zuwanderer ― vornehmlich muslimische Türken und Araber – sowie deutsche Angehörige der Unterschicht, beleidigt hat.“
Diese Beleidigung wollte sich auch die Berliner Wissenschaftlerin Naika Foroutan nicht mehr länger mit anschauen. Deshalb hat sie sich die Sarrazin-Argumente genauer angeschaut, recherchiert und die Ergebnisse in der Studie „Sarrazins Thesen auf dem Prüftstand“ veröffentlicht.
Thilo Sarrazin schreibt beispielsweise in seinem Buch auf Seite 297: „In Berlin werden 20 Prozent aller Gewalttaten von nur 1000 türkischen und arabischen jugendlichen Tätern begangen...“ Auf Anfrage an die Berliner Polizei, mit der Bitte um Verifizierung dieses Zitates, erhielt die Wissenschaftlerin folgende Antwort aus dem Büro des Polizeipräsidenten: „8,7 Prozent der Gewaltkriminalität in der PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik) wurden im Jahr 2009 von Tatverdächtigen begangen, die entweder türkischer Nationalität oder dem arabischen Raum zuzuordnen waren. Erweitert man die Personengruppe um die Personen, deren Nationalität als ’Unbekannt’ (424) oder ,keine Angaben’ (434) erfasst wurden, was zumindest häufig für eine Herkunft aus dem arabischen Raum sprechen kann, erhöht sich die Zahl der Fälle auf 2509 was dem Anteil von 13,3 Prozent an allen Fällen der Gewaltkriminalität entspricht.“
Das heißt, Sarrazin hat seine Zahl sozusagen einfach verdoppelt. Das sieht wohl auch die Berliner Polizei so, denn in ihrem Brief heißt es weiter: „Diese zitierte Aussage von Hr. Sarrazin ist weder bei enger Auslegung der Nationalitäten noch bei weiterer Auslegung der Staatszugehörigkeit mit Zahlen der offiziellen PKS oder den geschäftsstatistischen Erhebungen zu Personen in Täterorientierten Ermittlungsprogrammen zu belegen.“
Die Studie von Naika Foroutan bietet eine Vielzahl solcher Belege und zeigt: Sarrazins Zahlen sind falsch. Das weiß der ehemalige Banker auch. Wenn man keine Zahl hat, erklärte Sarrazin einem Reporter der Süddeutschen Zeitung, muss „man eine schöpfen, die in die richtige Richtung weist, und wenn sie keiner widerlegen kann, dann setze ich mich mit meiner Schätzung durch.“
So viel Arronganz. So viel Zahlendreherei. Alle, die den Sarrazin-Anhängern gerne mal ihre eigenen Zahlen um die Ohren hauen wollen, sei die Studie als Argumentationshilfe dringend empfohlen.
weitere zentrale Ergebnisse der Studie von Naika Foroutan