In den vergangenen zwei Jahren haben die Länder unserer Währungsunion es nicht geschafft, die Finanzierungsprobleme einzelner Eurostaaten in den Griff zu bekommen. Im Gegenteil. Falsches Krisenmanagement hat die Situation verschärft: Unter der Annahme, dass hohe Staatsschulden die Krisenursache seien, haben Minister vieler Euro-Länder einschneidende Sparbeschlüsse unterzeichnet. Daraufhin sind die Staatsausgaben drastisch gesunken – auch bei den Sozialleistungen. Das hat die Konjunktur in vielen Ländern geradezu abgewürgt. Das Resultat: Die Steuereinnahmen brachen ein – woraufhin die Situation weiter eskalierte. Die Fehler sind gemacht. Nun zählt sie Frage: Wie können wir uns aus diesem Teufelskreis befreien?
Hierzulande hat man eine „Schuldenbremse“ in der Verfassung verankert. Die Bundesregierung muss bis 2016 (die Länder bis 2020) die Staatsverschuldung auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) senken. Natürlich ist es richtig, die Staatsfinanzen zu beobachten und Zukunftsinvestitionen nicht nur über Schulden zu finanzieren. Immerhin schränken hohe Zinsen die Handlungsfähigkeit des Staates ein. Falsch ist aber, nur die Ausgaben zu beschneiden. Der Staat muss gleichsam die Einnahmen verbessern, um handlungsfähig zu bleiben und einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Das Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland inklusive Immobilien und abzüglich aller privaten Verbindlichkeiten lag 2010 bei 8,5 Billionen Euro. Zum Vergleich: Die Staatsschulden aller Euroländer lagen 2010 bei 7,8 Billionen Euro. Das Vermögen sollte besteuert werden, um auch durch Einnahmen die Staatsschulden auf jene vorgeschriebenen 60 Prozent des BIP zu senken.
Auch aktuell herrscht eine kuriose Situation, ja geradezu eine verkehrte Welt: Die Bundesrepublik hat zurzeit teilweise eine negative Rendite auf zehnjährige Bundesanleihen. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass Deutschland Geld „verdient“, wenn es sich welches leiht. Denn in Krisenzeiten geht es Anlegern nur noch darum, den Großteil ihres angelegten Kapitals überhaupt zurückzubekommen; so gering ist ihr Vertrauen in andere Länder. Der Ertrag ist zweitrangig. Diese Flucht in „sichere Häfen“ führt dazu, dass die Zinsen als „sicher“ eingestufter Länder negativ geworden sind. Verschuldete Euroländer haben hingegen Probleme, überhaupt noch Kapital zu bekommen. Das beweist: Die Überzeugung, die Märkte würden die optimale Verteilung des Kapitals schon regeln, ist falsch. Richtig ist, dass zu viel renditegetriebenes Geld Krisen verstärkt. Auch deshalb fordert die IG Metall:
Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) besitzen in Deutschland 10 Prozent der Bevölkerung rund 60 Prozent des Eigentums. Diese kleine Gruppe verfügte 2009 über ein durchschnittliches Vermögen von 500 000 Euro. Unter der Annahme, dass 10 Prozent des Eigentums auf Vermögen über eine Million Euro entfallen, würde eine Vermögenssteuer von 2 Prozent Einnahmen von rund 20 Milliarden Euro bedeuten. Die IG Metall schlägt vor, diese Einnahmen jeweils hälftig für Schuldentilgung und Zukunftsinvestitionen zu verwenden. Dazu sollte das Geld zu gleichen Teilen auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt werden.
Im internationalen Vergleich würde Deutschland durch eine höhere Besteuerung von Vermögen nicht an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Vermögensbezogene Steuern machen hierzulande 0,9 Prozent des BIP aus, während in Frankreich oder den USA die Quote bei 3,0 Prozent liegt und im OECD-Durchschnitt bei 1,8 Prozent.
Vor dem Hintergrund der ungleichen Vermögensverteilung ist die Besteuerung großer Vermögen jedoch nicht nur eine Frage der Staatsfinanzierung – sondern auch der Verteilungsgerechtigkeit. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der sogenannte Niedriglohnsektor massiv ausgeweitet, und der Wohlstand der Mittelschicht hat abgenommen. Die Politik muss hierauf Antworten geben – auch für die Entwicklung in Europa. Von Deutschland muss ein Signal für mehr Gerechtigkeit ausgehen.