Europas Jugend braucht Perspektiven. Sie braucht Ausbildung und Arbeit. Darum ist es gegenwärtig schlecht bestellt. Knapp sechs Millionen Menschen unter 25 Jahren sind in Europa arbeitslos. Besonders schlimm ist es in Spanien mit 56 und Griechenland 58 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. In Portugal (38 Prozent) und Italien (37 Prozent) sieht es nur wenig besser aus. In fast allen europäischen Ländern ist die Jugendarbeitslosigkeit doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosigkeit. Tendenz weiter steigend. Darüber hinaus werden viele junge Menschen in den Bereich prekärer Arbeit abgedrängt und finden keine unbefristete Beschäftigung.
Sofortprogramm für junge Menschen
Insbesondere bei der jungen Generation breiten sich Resignation und Hoffnungslosigkeit aus. Sie bilden den Nährboden für Intoleranz und neuen Nationalismus. Der Zulauf junger Leute zu rechtsradikalen Organisationen ist besorgniserregend. In Italien beispielsweise hat die Jugendarbeitslosigkeit wesentlich zum Erfolg des Populisten Grillo beigetragen. „Wenn wir diese Generation sich selbst überlassen, verlieren wir ein Stück Europa“, erklärte dazu der Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber anlässlich der 14. Internationalen Konferenz der Otto Brenner Stiftung. „Europas Jugend braucht Ausbildung und Arbeit.“
Mit der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa dürfe man sich nicht abfinden, nicht als Gesellschaft und nicht als Gewerkschaften, erklärte Huber. „Wenn wir das tun würden, ist alles in Gefahr, was die Generationen vor uns politisch, sozial und wirtschaftlich erstritten haben.“ Die IG Metall fordert deshalb ein Sofortprogramm, das jungen Menschen eine Aus- oder Weiterbildung innerhalb von vier Monaten nach dem Schulabschluss garantiert. Zudem sollen die Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Dauer von mindestens einem Jahr garantiert sein.
Tiefe Identitätskrise
In Österreich wird diese Garantie seit einem Jahr mit den Gewerkschaften erfolgreich praktiziert. Die IG Metall fordert, dass die Jobgarantie für Jugendliche, die die EU verabschiedet und bis 2020 mit einem finanziellen Volumen von 6 Milliarden Euro ausgestattet hat, besonders in den Krisenländern rasch umgesetzt wird. Die IG Metall hat ihre Position in einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel mit ihrer Aufforderung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der EU unterstrichen. „Die EU muss sich den Arbeitnehmern in Europa zuwenden und das gilt in ganz besonderer Weise für jüngere Menschen“, erklärte Huber.
Europa-Frust und Skepsis sind derzeit auf dem Vormarsch. Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise haben die Bürger tief verunsichert. Viele fürchten um die Sicherheit ihrer Ersparnisse und fragen sich, ob eine weitere Vertiefung der europäischen Integration sinnvoll ist. Die positiven Effekte eines gemeinsamen Europas sind für den einzelnen Bürger dagegen schwerer vermittelbar. Die EU befindet sich in einer schwerwiegenden Identitätskrise.
Kurswechsel für ein soziales Europa
Die Gefahr, dass sich Menschen von Europa abwenden, ist nicht zu unterschätzen. Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung sind auch die Gewerkschaften in den europäischen Ländern gefordert. Europa kann sich nur legitimieren, wenn sie Probleme wie Jugendarbeitslosigkeit löst. Die sozialen und wirtschaftlichen Ängste der Bevölkerung müssen ernst genommen werden. Nur so erhält die Europäische Union den Rückhalt der Menschen. Das soziale Europa bleibt eine gemeinsame Megaaufgabe für Generationen. Die nächste Gelegenheit, das soziale Europa einzufordern und mitzugestalten bietet sich schon in naher Zukunft: bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2014.