Die IG Metall begrüßt, dass das deutsche Lieferkettengesetz endlich vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. „Das ist ein wichtiger nächster Schritt hin zu menschenwürdigen und fairen Arbeitsbedingungen entlang globaler Wertschöpfungsketten“, erklärt der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann. „Aber wir sehen deutlichen Nachbesserungsbedarf, sollte der Anspruch auf Einhaltung von Arbeits- und Umweltstandards in den Lieferketten wirklich eine Chance haben.“
Das Lieferkettengesetz dürfe im parlamentarischen Prozess jetzt nicht weiter verwässert werden. Insbesondere die CDU/CSU-Fraktion sei nun in der Verantwortung, ihre sozialen und menschenrechtlichen Werte nicht durch Lobbybemühungen aufweichen zu lassen.
Aus Sicht der IG Metall sollten Unternehmen nicht warten, bis das Gesetz 2023 greift. Hofmann appelliert an die Unternehmen, die Standards, die das neue Gesetz vorschreibt, schon vorher zu erfüllen. Schon jetzt sollten die Unternehmen unter Einbeziehung der Betriebsräte und Aufsichtsräte das Risikomanagement auf den Schutz der Menschenrechte ausweiten sowie Präventions- und Abhilfemaßnahmen anpassen.
Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, betont, dass sich die IG Metall im nun beginnenden parlamentarischen Prozess dafür stark machen werde, die Lücken zu schließen, die der derzeitige Gesetzentwurf offenlässt. Beispielsweise sei die Unterteilung in unmittelbare und mittelbare Zulieferer sowie die unterschiedlichen Anforderungen beim Risikomanagement nicht hinnehmbar. „Gerade in den weiter verzweigten Teilen der Lieferkette finden sich die schlimmsten Verstöße gegen Menschenrechte wieder“, so Lemb, der in seiner Funktion unter anderem für Globalisierungsfragen verantwortlich ist.
Darüber hinaus müssten insbesondere die Themen Union Busting und die Beschränkung der Vereinigungsfreiheit in den Fokus der Regelungsbereiche gerückt werden. Von der Verhinderung von Gewerkschaftsarbeit vor Ort geht eine Gefahr für Leib und Leben aus. Das gilt sowohl für die lebensgefährlichen Zustände für die Beschäftigten, angeprangert von Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, als auch für das Leben dieser Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, das dann oft bedroht wird.
„Wenn es auf Grund der Lobby-Widerstände nicht möglich sein sollte, eine zivilrechtliche Haftung in das Gesetz aufzunehmen“, erklärte Lemb, „dann müssen wenigstens ein effektiver Beschwerdemechanismus, eine funktionierende behördliche Kontrolle sowie die Beteiligung betroffener Stakeholder garantiert werden, damit das Gesetz letztlich nicht zum Papiertiger, sondern ein Gesetz mit Biss wird.“
Die Bedrohungen von Menschenrechten in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten sind vielseitig und komplex. 152 Millionen Kinder müssen weltweit Kinderarbeit leisten, 25 Millionen Menschen werden in moderne Formen von Sklavenarbeit gezwungen.
Auch Produkte, die in Deutschland zu kaufen sind, werden unter Bedingungen hergestellt werden, bei denen entlang der Lieferkette Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Durch das Lieferkettengesetz sollen Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten in die Verantwortung genommen werden. Ab 2024 sollen dann auch die Unternehmen ab 1000 Beschäftigten in den Geltungsbereich fallen. Bei Verfehlungen drohen ihnen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des jährlichen Umsatzes.
Die IG Metall setzt sich auch auf europäischer Ebene für ein Lieferkettengesetz ein, das für die gesamte Europäische Union Standards bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten setzen soll. „Wir haben erstmals die Chance, mit gesetzlichen Mitteln mehr Fairness und mehr Gerechtigkeit in den globalen Lieferketten zu schaffen. Die Zeit der ‚freiwilligen‘ Missachtung fundamentaler Menschenrechte ist vorbei!“, erklärte Wolfgang Lemb.