„Das Rennen um immer billigere Bekleidung, das auch bei Markenartiklern stattfindet, muss ein Ende haben“, erklärt Detlef Wetzel als Reaktion auf das jüngste Unglück in Bangladeschs Textilindustrie. „Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Menschen mit ihrem Leben für die Profite internationaler Konzerne bezahlen. Die Spirale aus Hungerlöhnen, Dumpingpreisen, einem oft völlig unzureichenden Gesundheitsschutz und häufig tödlichen Arbeitsbedingungen muss umgehend beendet werden“, sagt der Zweite Vorsitzende der IG Metall.
In Bangladesch kommt es immer wieder zu tragischen Unfällen. Die Horrorbilder vom Einsturz des Rana-Plaza Gebäudes sind noch nicht vergessen. Über 3000 Menschen wurden im April dieses Jahres verschüttet, als eine baufällige Textilfabrik in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, kollabierte. Mehr als 1100 Menschen starben in den Trümmern. Angesichts der Katastrophe gelobten die Unternehmen und Behörden, die unzureichenden Sicherheitsstandards in der Branche zu beheben. Das ist nun ein halbes Jahr her. Diese Woche passierte es wieder: In der Färberei einer Fabrik in Dhaka brach Feuer aus. Es ergriff rasch zwei Stockwerke. Mindestens neun Menschen verloren ihr Leben, zahlreiche Arbeiterinnen wurden verletzt.
Die vor wenigen Wochen unterzeichnete Vereinbarung für besseren Arbeitsschutz von einer Reihe großer Textilhandelsunternehmen in Zusammenarbeit mit der internationalen Arbeitsorganisation ILO, IndustriAll Global Union und der Clean Clothes Campaign (CCC) muss jetzt dringend umgesetzt werden. Die Gewerkschaften hatten maßgeblichen Anteil daran, dass das Abkommen zustande kam. Die Vereinbarung umfasst unabhängige Sicherheitsinspektionen, verpflichtende Reparaturen und entsprechende Renovierungen. „Die neuerliche Tragödie zeigt, wie dringend die rasche Umsetzung des Abkommens ist“, erklärt der Generalsekretär des Industriegewerkschaftsverbandes IndustriAll Global, Jyrki Raina. Nach Schätzungen haben die Hälfte der Textilfabriken Bangladeschs ernsthafte Mängel, die dringend behoben werden müssen.
Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, fordert angesichts der Tatenlosigkeit in Bangladesch die deutschen Bekleidungs- und Textilhandelsunternehmen auf, zu ihrer Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in den asiatischen Betrieben zu stehen: „Die Bekleidungsindustrie in Bangladesch produziert hauptsächlich für den europäischen Markt. Verantwortlich sind deshalb nicht nur die dortigen Fabrikbesitzer. Auch deutsche Textilhandelsketten lassen dort billig auf brutalste Art und Weise produzieren, um ihre Gewinne zu maximieren.“ Auch die Bundesregierung sei hier in der Verantwortung, auf die Einhaltung internationaler Mindest-Arbeitsstandards zu drängen.
„Es darf hier aber nicht bei wohl formulierten Absichtserklärungen bleiben, sondern es müssen nun kontrollierte Taten folgen“, erklärt Detlef Wetzel. An der Verbesserung des Arbeitsschutzes in den Fabriken müssten sich die deutschen Unternehmen auch finanziell beteiligen. Außerdem müsse das Abkommen auf weitere Länder, wie Pakistan, Kambodscha und Sri Lanka übertragen werden. Die über Jahrzehnte praktizierte Politik der Bekleidungswirtschaft, auf eine soziale Entwicklung direkt mit einer Verlagerung der Produktion in andere Länder mit weniger Arbeitsschutz und noch niedrigeren Entgelten zu reagieren, müsse endlich ein Ende haben.