30. April 2014
Europäische Politik für die Menschen
So macht Europa Politik für Arbeitnehmer
Schon bisher hat das Europäische Parlament Einfluss genommen auf politische Entscheidungen in der Europäischen Union. Auch wenn das von der breiten Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wurde: die Volksvertreter haben Vorhaben der EU-Kommission gekippt, eigene Ideen eingebracht und durchgesetzt ...

... oder wesentliche Kurskorrekturen vorgenommen.

Im Juni 2013 erlebte die Bürgerbeteiligung in der Europäischen Union (EU) eine Sternstunde. Fast 1,9 Millionen EU-Bürger hatten die europäische Bürgerinitiative „Right2Water“ („Recht auf Wasser“), unterzeichnet. Mit ihrer Unterschrift forderten sie europäische Rechtsvorschriften, die den Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu einer sanitären Grundversorgung für alle Bürger und Bürgerinnen in der EU sicherstellen. Anlass zu der Initiative, die maßgeblich von europäischen Gewerkschaften organisiert wurde, war ein Entwurf der EU Kommission für ein Richtlinienpaket. Dessen offizielles Ziel: die Vergabe öffentlicher Aufträge transparenter und effizienter zumachen. Da das auch die Wasserversorgung betroffen hätte, wäre damit die Privatisierung und Kommerzialisierung von Wasser möglich geworden.

Die Abgeordneten im Europäischen Parlament schenkten dem Vorhaben zunächst wenig Beachtung. Anders die Bürger: Bereits wenige Wochen nach dem Start der Bürgerinitiative waren eine Million Unterschriften für das Menschenrecht auf Zugang zu Wasser und sanitäre Versorgung gesammelt. Nun wurden die EU Parlamentarier aktiv. Immer mehr Abgeordnete machten sich die Forderung der Initiative zu Eigen und traten dafür ein, die kommunale Wasserversorgung von der Richtlinie auszunehmen.

Dem Druck von allen Seiten konnte sich die Kommission nicht widersetzen und EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier musste am Ende einlenken. Er sicherte zu, die Wasserversorgung komplett aus der Richtlinie auszuschließen. Das Votum der Bürger hat auch die Kandidaten für die Präsidentschaft der Europäischen Kommission beeindruckt. Vier der fünf Anwärter auf den Kommissionspräsidenten haben sich verpflichtet, das Menschenrecht auf Wasser durchzusetzen.

Das Beispiel Jugendgarantie
Nicht immer verlaufen politische Kursänderungen so spektakulär und unter Beteiligung so vieler Bürger in der EU ab. Auch die Abgeordneten des Europaparlaments haben Korrekturen an Vorhaben der EU-Kommission angestoßen und durch eigene Initiativen wichtige Regelungen auf den Weg gebracht.

Zum Beispiel die Jugendgarantie. Sie wurde im Januar 2013 mit überwältigender Mehrheit im Europaparlament verabschiedet und sieht vor, dass Jugendliche spätestens vier Monate nach dem Ende ihrer Ausbildung oder nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes ein Angebot für eine neue Stelle, einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz erhalten. Allerdings ist sie bislang finanziell noch nicht ausreichend ausgestattet, um Beschäftigung wirksam fördern zu können

Die Initiative dafür ging von Europaparlamentariern aus. Vor allem Grüne und Sozialdemokraten warben für ein Programm zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen. Sie konnten dabei auf erfolgreiche Vorbilder in Österreich, den Niederlanden und in Norwegen verweisen. Sozialkommissar László Andor griff auf die Erfahrungen in diesen Ländern zurück und schnürte ein Paket zur Beschäftigungsförderung, das die Jugendgarantie umfasst.

Recht auf gleichen Lohn
Noch nicht entschieden ist die Frage, wie die Forderung der Gewerkschaften nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort innerhalb der EU für entsendete Arbeitnehmer durchgesetzt werden kann. Dass die geltende Entsenderichtlinie ein ungeeignetes Instrument ist, beweisen die vielen Fälle von Entsendebetrug und Lohndumping. Bisher konnten Europaparlamentarier nur kleine Verbesserungen erreichen. Sie wollen weiter dafür kämpfen, dass für entsandte Beschäftigte die Rechte des Landes gelten, in dem sie arbeiten.

Wie in nationalen Parlamenten ist auch im Europäischen Parlament entscheidend, welche Parteien gewählt werden und welche Fraktionen die Mehrheit haben. Seit 2009 hat das Europäische Parlament mehr Macht und ist Mitgesetzgeber. Fragen der inneren Sicherheit und der Agrarsubventionen werden ebenso in Abstimmungen entschieden wie die Ernennung der Kommission und der Haushalt der Union.


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