Viele Beschäftigte fragen sich angesichts von Digitalisierung und Industrie 4.0: Wie kann ich mit der technologischen Entwicklung mithalten? Übernehmen Roboter meine Arbeit? Studien zu Beschäftigungseffekten der Digitalisierung zeigen: Es besteht kein Anlass zur Panik. Aber es besteht Handlungsbedarf, vor allem mit Blick auf die Qualifizierung der Beschäftigten.
Die Nachfrage nach höher qualifizierten Arbeitskräften nimmt zu. „Alle Prognosen betonen: Der digitale Wandel wird die Dynamik am Arbeitsmarkt erhöhen“, heißt es im Weißbuch Arbeiten 4.0 des Bundesarbeitsministeriums. Man darf hinzufügen: nicht nur der digitale Wandel, sondern auch andere Aspekte der Transformation. Neue Antriebstechnologien von Autos etwa bedeuten auch veränderte Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten im Fahrzeugbau.
Menschen mit geringer Qualifikationhabendeutlich schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Erwerbslosenquote von Menschen ohne Berufsausbildung liegt mit 20,3 Prozent (Stand 2015) dreimal so hoch wie die durchschnittliche Erwerbslosenquote (6,5 Prozent) und fast fünfmal so hoch wie die Erwerbslosenquote von Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung (4,6 Prozent). Die niedrigste Erwerbslosenquote weisen Beschäftigte mit einer Fachschul-, Meister- und Technikerausbildung auf – also diejenigen, die auf eine Ausbildung eine Aufstiegsfortbildung draufgesattelt haben. Das zeigt: Bildung und Weiterbildung lohnen sich.
Bildungschancen werden in Deutschland noch immer vererbt. 84 Prozent der Kinder, deren Eltern die Hochschulreife besitzen, gehen aufs Gymnasium – aber nur 31 Prozent der Kinder, bei denen kein Elternteil über eine Hochschulreife verfügt. Und auch beim Thema Weiterbildung gilt: Wer hat, dem wird gegeben. Von den Beschäftigten mit Tätigkeiten, die einen Berufs- und Hochschulabschluss erfordern, nahmen laut IAB-Betriebspanel 44 Prozent im ersten Halbjahr 2016 an Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung teil – aber nur 20 Prozent der Beschäftigten mit einfachen Tätigkeiten.
Die Beschäftigten finden sich laut der IG Metall-Befragung 2017 mit diesen Ungerechtigkeiten nicht ab: 93 Prozent der Befragten halten eine Bildungspolitik für wichtig oder sogar sehr wichtig, die Bildungserfolge unabhängig von der sozialen Herkunft ermöglicht und das Recht auf betriebliche Fortbildung durchsetzt. Und die Befragten setzen auch bei der Arbeitsmarktpolitik auf Qualifizierung. 83 Prozent von ihnen sagen: „Erwerbslosigkeit darf nicht zu sozialem Abstieg führen. Der Erhalt der Qualifikation ist wichtiger als schnelle Vermittlung. Daher muss die Bezugsdauer des Erwerbslosengeldes verlängert werden.“
Für viele Erwerbslose endet die Erwerbslosigkeit aber nicht mit einer dauerhaften Perspektive auf gute Arbeit, sondern mit der Vermittlung in den nächstbesten Job – oft in prekäre Beschäftigungsverhältnisse: 19 Prozent aller Beschäftigungsaufnahmen aus der Erwerbslosigkeit erfolgen in die Leiharbeit. Rund die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse ist nach drei Monaten schon wieder beendet, 29 Prozent sogar schon nach einem Monat. Und mehr als die Hälfte der Leihbeschäftigten üben Helfertätigkeiten aus.
Viele Arbeitsverträge haben ein Verfallsdatum: 9,3 Prozent aller abhängig Beschäftigten arbeiten befristet. Besonders junge Menschen haben es schwer, eine unbefristete Stelle zu bekommen: 27,4 Prozent der 20- bis 24-Jährigen und 20 Prozent der 25- bis 29-Jährigen arbeiten befristet. Die allermeisten von ihnen unfreiwillig. Nur rund 6 Prozent der befristet Beschäftigten haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bewusst ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gewählt.
Unsere Beschäftigtenbefragung zeigt: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen sichere Arbeitsverhältnisse. Rund 90 Prozent sagen: Beschäftigung muss dauerhaft Existenz sichern. Sachgrundlose Befristung, Minijobs und prekäre Soloselbstständigkeit müssen abgeschafft werden.
Über die Befragung: Die IG Metall hat Beschäftigte in mehr als 7000 Handwerks-, Dienstleistungs-, und Industriebetrieben befragt. Insgesamt haben sich 681.241 Beschäftigte an der Befragung beteiligt. Mitmachen konnten alle Beschäftigten – Gewerkschaftsmitglieder und Nichtmitglieder. Der Fragebogen konnte schriftlich oder online ausgefüllt werden. Befragungszeitraum war vom 16. Januar bis 26. Februar 2017. Die Zahlen sind gerundet.