Doch Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren ist in Deutschland nach wie vor eine Aufgabe, die nur schwer zu bewältigen ist. Die einen haben keinen oder nur einen unsicheren Job, der eine Familienplanung schwer möglich macht. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten unter 25 Jahren hangeln sich von befristeten Job zu befristeten Job, arbeiten in Leiharbeit oder in Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung. Bei den bis zu 35 jährigen sind es immer noch knapp ein Drittel.
Jene die arbeiten, klagen über zu wenig Möglichkeiten, beides – Beruf und Privatleben – unter einen Hut zu bekommen. Denn in vielen Unternehmen stehen betriebswirtschaftliche Ziele unangefochten an erster Stelle. Das Familienleben der Mitarbeiter wird als deren Privatsache angesehen und in der Unternehmensplanung nicht berücksichtigt.
Wenn es darum geht, Berufs- und Privatleben miteinander zu vereinbaren, sollte von den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten ausgegangen werden. Einige Unternehmen machen es vor: Statt sich Arbeitswelt-gerechte Mitarbeiter zu schaffen, bieten sie ihnen Lebenswelt-gerechte Arbeitsbedingungen. Davon profitiert nicht zuletzt auch das Unternehmen selbst. Denn zufrieden und ausgeglichen leisten Mitarbeiter bekanntlich bessere Arbeit als wenn sie gestresst und überlastet sind.
60 Prozent der berufstätigen Väter würden gerne kürzer arbeiten. Stattdessen herrscht in vielen Betrieben eine Kultur vor, nach der nur der als Leistungsträger gesehen wird, der möglichst lange anwesend ist.
Für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Leben sind vor allem planbare und, nicht nur nach betrieblichen Interessen ausgerichtete, flexible Arbeitszeiten entscheidend. Jeder hat seine eigenen persönlichen Vorstellungen, wie viel Zeit er oder sie wofür haben möchte: für sich selbst, für Freunde, für den Partner oder die Partnerin oder die Familie.
Niemand sollte gezwungen sein, seinen individuellen Lebensentwurf aufgrund unnötig starrer Anforderungen des Arbeitslebens aufgeben zu müssen. Stattdessen sollte Jeder und Jede ihre Lebenszeit selbst planen und gestalten können. Doch bislang bestimmt eher der Arbeitsrhythmus das Leben als die individuellen Bedürfnisse.
Wenn Schul- oder Kitaferien beginnen, bricht das Betreuungssystem vieler Familien zusammen. Noch immer gibt es zu wenig erschwingliche und gute Kinderbetreuungseinrichtungen, besonders für Kinder unter drei Jahren oder wenn sie in die Schule kommen. Die Vielfalt der Lebensformen erfordert entsprechende Rahmenbedingungen, die diese ermöglichen.
Kinder zu bekommen bedeutet für viele Eltern, weniger arbeiten zu können und damit auf Einkommen zu verzichten. Das liegt vor allem an der miserablen Betreuungssituation. Davon besonders betroffen sind Alleinerziehende.
Auch das Elterngeld hat daran kaum etwas geändert. Die jüngsten Beschlüsse zur Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger, für Mini-Jobber und Bezieher des sogenannten Kinderzuschlags werden die Situation noch verschärfen. Kinder stellen in unserer reichen Gesellschaft ein Armutsrisiko dar. Das ist ein sozialpolitischer Skandal.
Richtig ist: Wer (noch) kein Kind hat, für den stellt sich das Problem der Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf mit der Pflege und Betreuung des Nachwuchses nicht. Aber was ist, wenn die eigene Mutter einen Schlaganfall erleidet und für eine Weile besonderer Betreuung bedarf? Wenn der Vater dement wird und dringend ein Heimplatz gesucht werden muss. Dann steht die Vereinbarkeitsfrage schlagartig im Raum.
Erste gesetzliche Regelungen ermöglichen zwar die kurzzeitige Freistellung, aber nicht deren Finanzierung. Deshalb sind auch hier steuerfinanzierte Entgeltersatzleistungen notwendig, etwa analog den Regelungen bei der Elternzeit.
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