Ab Januar 2019 könnte Deutschland ein Stück gerechter werden. Ab dann sollen die Arbeitgeber wieder die Hälfte der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bezahlen. Bislang ist ihr Anteil gedeckelt. Höhere Kosten für die Gesundheitsversorgung müssen die Versicherten alleine schultern ― über ihre Zusatzbeiträge. Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett dem Gesetzentwurf zugestimmt.
Dass die Beiträge künftig wieder „fifty-fifty“ gezahlt werden sollen, ist ein Erfolg der Gewerkschaften. Sie haben lange dafür gekämpft: mit einer Öffentlichkeitskampagne, mit Umfragen, mit Unterschriftenaktionen und vielen Gesprächen mit Gesundheitspolitikern. Noch ist das Gesetz aber nicht verabschiedet ― es muss noch durch den Bundestag.
Noch immer laufen die Arbeitgeber Sturm gegen die Rückkehr zur sogenannten Parität. Der Arbeitgeberverband BDA bemüht dazu das übliche Argument: Angeblich drohen Arbeitsplatzverluste. Von der „größten Zusatzbelastung in der deutschen Sozialgeschichte“ ist die Rede.
Für Hans-Jürgen Urban, im IG Metall-Vorstand für Sozialpolitik zuständig, sind die Drohungen der Arbeitgeberlobby „pure Panikmache“. Schließlich sei es bis 2005 völlig normal gewesen, dass Arbeitgeber die Hälfte zahlen. „Und nun soll sich Deutschland diese soziale Errungenschaft nicht leisten können? Bei einer boomenden Wirtschaft?“ Die Parität müsse kommen, sagt Urban, ohne Wenn und Aber.
Aber der Gesetzentwurf hat auch Schattenseiten. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die gesetzlichen Krankenkassen zwingen, ab 2020 Reserven abzubauen, indem sie ihre Zusatzbeiträge senken. Was sich nach einer Entlastung anhört, könnte für die Versicherten schnell zum Bumerang werden. Es sind nämlich einige neue Gesundheitsleistungen vorgesehen, zum Beispiel 13 000 zusätzliche Pflegekräfte. Auf die gesetzlichen Krankenkassen kommen also schon bald weitere Kosten zu. Sind dann keine Reserven vorhanden, bleibt nur: Beiträge erneut anheben.
Außerdem würde der Preiswettbewerb zwischen den Krankenkassen weiter angeheizt, wenn sie zu Beitragssenkungen gezwungen werden. Denn die Kassen mit hohen Reserven sind tendenziell die, deren Zusatzbeiträge ohnehin niedrig sind. Werden diese nun zu weiteren Senkungen gezwungen, klaffen die Beiträge der verschiedenen gesetzlichen Kassen immer weiter auseinander. Junge und mobile Menschen würden vermehrt zu den günstigeren Kassen wechseln. Manche von ihnen könnten in eine finanzielle Schieflage geraten.
Aus Beschäftigtensicht wäre ein Wettbewerb um die beste Gesundheitsversorgung deutlich sinnvoller als ein reiner Preiskampf. Schon heute fehlen wichtige Leistungen für gesetzlich Versicherte: zum Beispiel hochwertiger Zahnersatz. Solche Lücken müssen die Menschen derzeit mit Privatversicherungen schließen. Das ist deutlich teurer als ein paar Zehntelprozentpunkte mehr für die gesetzliche Krankenversicherung zu zahlen.