Bitte mehr Sinn für die Realität! Dieser Satz fasst zusammen, was sich die meisten Menschen in Deutschland beim Thema Rente von der Politik wünschen.
Die IG Metall hat dazu eine repräsentative Befragung in Auftrag gegeben.
Ergebnis: Eine klare Mehrheit will eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung. Kürzungen bei der Alterssicherung lehnen die meisten Befragten ab. Und sie machen deutlich, dass die öffentliche Rentendebatte in vielen Punkten an der Lebenssituation von Beschäftigten vorbei geht.
Die Ergebnisse der Umfrage im Detail:
Nur elf Prozent der Befragten finden das derzeitige Rentenniveau ausreichend. Zwei Drittel (67 Prozent) fordern ein höheres Rentenniveau, auch wenn das etwas höhere Rentenbeiträge bedeuten könnte. Nur neun Prozent fordern ein niedrigeres Niveau, um den Beitragssatz langfristig stabil zu halten.
Hintergrund: Das Rentenniveau soll mit dem geplanten „Rentenpaket II“ der Bundesregierung bei 48 Prozent des durchschnittlichen Einkommens stabilisiert werden.
Die Befragten sind nicht nur bereit, für eine ausreichende Rente etwas höhere Rentenbeiträge zu zahlen. Sie sind mehrheitlich sogar bereit, mit Extra-Zahlungen freiwillig zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten.
Für 70 Prozent der Befragten wären freiwillige Zusatzbeiträge eine ausbaufähige Möglichkeit, um persönlich höhere Rentenansprüche zu erlangen. 41 Prozent würden freiwillige zusätzliche Rentenbeiträge von einer paritätischen Beteiligung des Arbeitgebers abhängig machen. 29 Prozent unterstützen die Idee auch ohne diese Bedingung.
Hintergrund: Zum Teil gibt es die Möglichkeit freiwilliger Zusatzbeiträge heute schon: Ab dem 50. Lebensjahr können Beschäftigte damit Rentenabschläge ausgleichen, wenn sie vorzeitig in Rente gehen wollen.
Die Forderung nach Einschnitten bei der abschlagsfeien „Rente ab 63“ lehnen die befragten Wahlberechtigten ab. Mehr als neun von zehn Befragten (93 Prozent) sprechen sich dafür aus, dass Beschäftigte nach 45 Arbeitsjahren ohne Abschläge in Rente gehen können.
Wünsche und Arbeitswirklichkeiten der Beschäftigten passen nicht zu den Debatten um ein immer höheres Rentenalter: Befragt nach dem Wunsch-Alter für den Ruhestand, wollen elf Prozent unter 60 Jahren in Rente, 51 Prozent im Alter zwischen 60 und 63 Jahren, 27 Prozent zwischen 64 und 67 Jahren. Mit 68 oder älter wollen nur drei Prozent noch arbeiten.
Das gesetzliche Rentenalter von 67 Jahren sehen 53 Prozent der Befragten als nicht realistisch an. Je niedriger der Bildungsabschluss und damit die berufliche Entwicklung, desto unerreichbarer wird eine Rente mit 67 gesehen.
Über das Alter von 67 Jahren hinaus arbeiten zu können, ist lediglich für 23 Prozent vorstellbar. 75 Prozent der Befragten sehen ein längeres Arbeiten als nicht realistisch an.
Hans-Jürgen Urban, für Sozialpolitik verantwortliches Vorstandsmitglied der IG Metall, zu den Ergebnissen der Umfrage:
„Die Menschen erteilen der Debatte um immer höhere Altersgrenzen eine Absage. Wer das Renteneintrittsalter erhöht, erhöht faktisch nur die Rentenabschläge der Beschäftigten. Wir brauchen stattdessen Altersgrenzen, die der Arbeits- und Lebenswirklichkeit der Menschen entsprechen. Und wir brauchen Arbeitgeber, die endlich altersgerechte Arbeitsplätze einrichten. Die Beschäftigten wollen die gesetzliche Rente gestärkt wissen. Die Säule der gesetzlichen Rentenversicherung ist das Wichtigste und Verlässlichste, was die Menschen im Alter haben.“
Über die Befragung: Repräsentative Online-Befragung unter 1063 Befragten (Wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland), durchgeführt von Verian Deutschland. Erhebungszeitraum 22.–27. Mai 2024