Eigentlich könnte das Jahr 2022 ein gutes Jahr für die Rente werden. Nach einer Nullrunde im Corona-Jahr 2021 sollen die Altersbezüge im Juli deutlich steigen.
Also alles in Butter? Leider nein.
Die langfristige Sicherung der Renten ist weiterhin offen. Und über die anstehende Rentenerhöhung herrscht Unsicherheit. Wir klären die wichtigsten Fragen.
Weil die Löhne 2021 im Durchschnitt deutlich gestiegen sind. Grundsätzlich folgen die Renten derzeit der allgemeinen Lohnentwicklung – immer mit einem halben Jahr Verspätung.
Dieses Prinzip ist notwendig, um den Lebensstandard der Menschen im Alter zu sichern.
Ohne Rentenerhöhungen hätten Rentnerinnen und Rentner ein Problem: Sie wären von der Einkommensentwicklung der Erwerbstätigen abgehängt. Da die Preise steigen, verlören die Ruheständler jeden Monat ein bisschen Kaufkraft. Ein Abstieg auf Raten.
Schuld daran ist der sogenannte Nachholfaktor. Er ist Teil der Formel, mit der die Rentenerhöhungen berechnet werden („Rentenanpassungsformel“).
Der Nachholfaktor funktioniert so: Sinken die Löhne, würden rein rechnerisch auch die Renten sinken. Das verhindert aber eine Schutzklausel im Rentenrecht, die sogenannte „Rentengarantie“.
Steigen die Löhne in den folgenden Jahren wieder, müssen die Rentnerinnen und Rentner die unterbliebene Rentenkürzung nachholen – indem ihre Rentenerhöhungen geringer ausfallen. Sie stottern die Rentenkürzung also über einen längeren Zeitraum ab.
Würden sich die Renten tatsächlich immer im Gleichschritt mit den Löhnen entwickeln, dann hätte der Nachholfaktor eine gewisse Logik: Löhne hoch, Renten hoch. Löhne runter, Renten runter.
Doch die Renten sind den Löhnen in den vergangenen zwanzig Jahren nur noch eingeschränkt gefolgt. Die Reformen der 2000er-Jahre sorgten dafür, dass die Renten regelmäßig hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückblieben. Ausdruck dafür ist das gesunkene Rentenniveau.
Im Jahr 2000 lag es noch bei 53 Prozent. Heute liegt es bei rund 48 Prozent. Bis 2034 könnte es nach bisheriger Rechtslage auf 45 Prozent fallen. Das würde bedeuten: Die Kaufkraft der Renten sinkt immer weiter. Verhindert wird das aktuell durch die „doppelte Haltelinie“ (siehe nächste Frage).
Seit 2018 gibt es den sogenannten Rentenpakt. Damit hat die Bundesregierung zwei Haltelinien bei der Rente eingezogen: Das Rentenniveau darf nicht unter 48 Prozent sinken, der Beitragssatz zur Rentenversicherung darf nicht über 20 Prozent steigen. Dieser Rentenpakt sorgt derzeit für ein stabiles Rentenniveau. Heißt: Die Renten folgen tatsächlich wieder den Löhnen.
Die Ampel-Regierung hat die Haltelinien in ihrem Koalitionsvertrag bekräftigt. Sie will das Rentenniveau dauerhaft bei mindestens 48 Prozent sichern. Das entspricht einer Forderung der IG Metall, reicht aber noch nicht.
Um den Lebensstandard im Alter zu sichern und Armut zuverlässig zu verhindern, muss das Rentenniveau wieder steigen – auf etwa 53 Prozent.
Jedenfalls nicht so, wie es die Arbeitgeber vorschlagen. Sie wollen die gesetzliche Rente kaputt kürzen. Die Leistungen sollen immer weiter sinken, das Rentenalter weiter steigen.
Das Motiv dahinter ist simpel: Die Arbeitgeber wollen den Rentenbeitrag möglichst niedrig halten, denn sie zahlen davon die Hälfte.
Die jungen Generationen – als deren Verteidiger sich Arbeitgeberverbände gerne darstellen – haben davon wenig. Sie zahlen etwas weniger Rentenbeitrag. Aber dafür wird ihre Rente immer kleiner. Die Lücke in der Altersversorgung müssen sie dann mit privater Vorsorge ausgleichen. Und daran beteiligen sich die Arbeitgeber nicht.
Die IG Metall schlägt stattdessen vor:
So ließe sich die Altersvorsorge auf eine solide Basis stellen. Langfristig. Mit auskömmlichen Renten für alle.