Wer zahlt, bestimmt mit: Das gilt in Deutschland auch bei den gesetzlichen Krankenkassen. Die Kassen werden durch die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert. Beide Gruppen entscheiden über die Politik der Krankenkassen mit, genauso wie über Versorgungsleistungen, Haushaltspläne und das Führungspersonal.
Konkret heißt das: Arbeitgeber und Versicherte stellen die Mitglieder der Verwaltungsräte, der höchsten Entscheidungsgremien der Kassen. Gewählt werden Verwaltungsräte von der Versicherten. Das Prinzip heißt Selbstverwaltung.
An diesem demokratischen Prinzip will Gesundheitsminister Jens Spahn jetzt rütteln. Er will die Selbstverwaltung abschaffen – zumindest im Dachverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband). Dort soll der Verwaltungsrat künftig nicht mehr mit ehrenamtlichen Versicherten- und Arbeitgebervertretern besetzt werden, sondern mit „hauptamtlich tätigen Vorstandmitgliedern der Mitgliedskassen“. So steht es in einem Gesetzentwurf, den Spahn vorgelegt hat.
Für die Versicherten ist das eine schlechte Nachricht. Ihre Interessen – allen voran: gute Kassenleistungen – könnten in Zukunft weniger Gehör finden. Sie wären von der Gestaltung der Gesundheitsversorgung zwar weiterhin betroffen, aber nicht mehr daran beteiligt.
„Spahn sägt an den Eckpfeilern der sozialen Selbstverwaltung, wenn er die Versichertenvertreter aus dem Spitzengremium der Krankenkassen verbannt und nur noch die Kassenvorstände entscheiden lässt“, sagt Hans-Jürgen Urban, der im IG Metall-Vorstand für Sozialpolitik zuständig ist. „Im Interesse einer guten und versichertennahen Gesundheitsversorgung ist das nicht! Im Wettbewerbsinteresser mancher Kassenvorstände schon.“
Ungewöhnlich ist Spahns Vorgehen: Den Angriff auf die Selbstverwaltung hat er im Entwurf für ein „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ (GKV-FKG) verpackt. In dem Gesetz geht es eigentlich um den Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen.
Obendrein verstößt der Vorschlag gegen den schwarz-roten Koalitionsvertrag. Dort ist eine Stärkung der Selbstverwaltung vorgesehen und nicht deren Demontage.