Mitten in der Nacht an diesem Freitag startet der Hilfskonvoi von Düsseldorf aus Richtung Ukraine. Ein 40-Tonner und weitere Fahrzeuge sind vollgeladen mit Spenden für die Kriegsflüchtlinge aus dem Krisengebiet. Thomas Hay, Metaller aus Bochum, hat die Hilfsaktion ins Leben gerufen. Innerhalb von wenigen Tagen haben Menschen aus der Region in NRW riesige Mengen an Kleidung, Lebensmitteln und Medikamente zusammengetragen. „Unser Ziel ist der Ort Medyka an der polnisch-ukrainischen Grenze“, sagt Hay. Mit 16 Stunden Fahrt rechnet der Metaller. Mehrere Kolleginnen und Kollegen haben sich seinem Aufruf angeschlossen und fahren mit. Es sind Betriebsräte und Vertrauensleute von Betrieben aus der Region wie dem Röhrenhersteller Europipe und ThyssenKrupp Rothe Erde.
Die Fäden für die Hilfsaktion liefen bei der IG Metall Bezirksleitung in Düsseldorf und bei den Geschäftsstellen in Bochum und in Duisburg zusammen. Hier wurden die Spenden sortiert und in Kisten verpackt. Beschäftigte von Betrieben aus der Region haben mitgeholfen. Auch die IG Metall Jugend packte mit an. Kurz vor Abfahrt wurden noch zahlreiche Powerbanks organisiert. Warum die so nötig vor Ort gebraucht werden, lässt sich einfach erklären. Die Kriegsflüchtlinge, die aus den umkämpften Gebieten geflohen sind, sind zum größten Teil schon mehrere Tage unterwegs. Die Akkus ihrer Handys sind leertelefoniert. Die Möglichkeiten sind rar, sie wieder aufzuladen.
Metaller beladen den Hilfstransporter für geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Auch Ersatzkanister sind für alle Fälle dabei. Foto: Thomas Range
Thomas Hay zählt die weiteren Hilfsgüter auf: Medikamente, Babynahrung und Verbandszeug, Kleidung, Decken, Schlafsäcke, Hygieneartikel, Handtücher und vieles mehr. „Die Hände in den Schoß zu legen und so zu tun, als sei dies alles weit weg von uns, geht einfach nicht“, sagt der Metaller. Ihm war wichtig, die gespendeten Sachen selbst an die polnisch-ukrainische Grenze zu bringen, um denen zu helfen, die aus der Ukraine fliehen mussten, um ihr und das Leben ihrer Kinder zu retten. „Manchmal muss man einfach machen“, sagt Hay.
Auch in Salzgitter haben Metallerinnen und Metaller, die bei Unternehmen Flachstahl arbeiten, nicht lange gefackelt. Der Betriebsratsvorsitzende Hasan Cakir brachte bereits zwei Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine die Aktion ins Rollen. In kürzester Zeit stellten die Flachstahl-Beschäftigten einen Hilfstransport nach Rzeszów an die ukrainisch-polnische Grenze zusammen. Das Unternehmen spendete 20 000 Euro, um die Kosten für den Transporter abzudecken. Auch im Werk bei den Beschäftigten wurde gesammelt. Die Hilfsbereitschaft ist beeindruckend. Schon am Dienstag war das Fahrzeug mit den Hilfsgütern unterwegs. Ein deutliches Zeichen für Menschlichkeit. „Wir planen weitere Transporte“, versichert Betriebsrat Hasan Cakir.
Der IG Metall-Hilfstransporter bringt Medikamente, Verbandszeug, Babysachen und Kleider an die polnisch-ukrainische Grenze. Foto: Thomas Range
An vielen Orten entstehen Ideen, wie man den Menschen in der Ukraine helfen kann. Die Bilder von zerbombten Häusern und Schutzsuchenden in Bunkern, die übers Internet verbreitet werden, lassen niemand kalt. Auch Christian Agocs sagt sofort ja, als sein Kollege Florian Rebstock sich meldete und ihm „was total verrücktes“ vorschlug. Die beiden Metaller fuhren mit je einem Auto zum Grenzübergang Przemysl, um dort Geflüchtete aufzunehmen, die dort mit Bussen aus der Ukraine angekommen waren. Christian brachte vier Ukrainer in die Erstaufnahme für Geflüchtete nach Berlin. Florian lieferte vier weitere Ukrainer bei Freunden in Hamburg ab.
Eine Passagierin ist Sweta aus dem Gebiet Poltawa. Sie hatte sich mit ihrem Mann im Auto aus Kiew Richtung Westukraine durchgekämpft. „Wir standen 50 Kilometer im Stau. Für den Weg zur Grenze haben wir zwei Tage gebraucht. Geschlafen haben wir im Auto. In der Nacht sind wir bei Przemysl über die Grenze gekommen. Ein Bus brachte uns dann weiter in eine Kleinstadt. Dort haben wir Christian und Florian getroffen. Mein Mann und ich sind so dankbar, dass sie uns mitgenommen haben.“
Die beiden Metaller Christian und Florian waren für die Aktion am Wochenende 34 Stunden unterwegs. An Schlafen war nicht zu denken. Trotzdem sind sie am Montag wieder ganz normal arbeiten gegangen. Christian Agocs erzählt, dass sie zwar ziemlich fertig waren. Das hält sie nicht ab, die nächste Hilfslieferung zu organisieren. Diesmal geht es darum, ukrainische Ärzte mit Notfallrucksäcken auszustatten. Der Inhalt wie Medikamente und Verbandszeug kam durch Spenden von Apotheken und Pflegern zusammen.
Wer helfen will, kann dies über das Spendenkonto des DGB:
Spendenkonto: Gewerkschaften helfen e.V.
Nord LB
IBAN: DE40 2505 0000 0151 8167 90
BIC: NOLADE2HXXX
Stichwort: „Gewerkschaftliche Ukraine-Hilfe“