1918 hungerten die Menschen seit Jahren. Bereits im Januar 1918 hatten die revolutionären Obleute unter ihrem Sprecher Richard Müller zum Streik aufgerufen, dem 400 000 Rüstungsarbeiterinnen und -arbeiter gefolgt waren. Nach einer Woche schlugen Polizei und Militär den Streik nieder. Müller und andere wurden verhaftet.
In den folgenden Monaten verschlimmert sich die Lage. Ende September informiert die Oberste Heeresleitung den Kaiser, dass der Krieg nicht zu gewinnen sei und schnellstmöglich beendet werden solle. Dennoch gibt die deutsche Seekriegsleitung Ende Oktober den Befehl, weiter gegen die britische Marine zu kämpfen. In Kiel revoltieren die Matrosen gegen den Befehl. Sie wollen sich nicht sinnlos opfern. Der Aufstand der Kieler Matrosen greift auf andere Städte über und es bilden sich im ganzen Land Arbeiter- und Soldatenräte.
Unter den Revolutionären in Frankfurt ist auch Toni Sender, spätere Reichstagsabgeordnete und Chefredakteurin der Betriebsrätezeitung des Metallarbeiterverbands. Bereits als 13-Jährige will die Tochter jüdischer Eltern entgegen der gesellschaftlichen Erwartungen und den Erwartungen ihres bürgerlichen Elternhauses ein unabhängiges Leben als Frau führen. Mit 13 zieht sie von zu Hause aus und geht nach Frankfurt. Sie besucht eine private Handelsschule für Mädchen, belegt Abendkurse und arbeitet als Bürogehilfin. Sie will wirtschaftlich unabhängig sein, denn nur das sichert ihre geistige Unabhängigkeit. Mit 22 Jahren tritt sie in die SPD ein, 1917 nimmt sie an der Gründung der USPD teil. Während der Revolution arbeitet Toni Sender in den Arbeiterräten in Frankfurt am Main mit.
Am 9. November rufen Arbeiter- und Soldatenräte zum Generalstreik auf. In den Betrieben gelten noch immer die alten Herrschafts- und Besitzverhältnisse. Die Arbeiterinnen und Arbeiter wehren sich: Sie verweigern die Arbeit. Die Novemberrevolution setzt sich bis Anfang 1919 fort und erlebt mit der Niederschlagung des Spartakusaufstands und der Ermordung von Rosa Luxemburg ihren blutigen Höhepunkt.
Während die Arbeiterinnen und Arbeiter sich gegen die alten Mächte auflehnten, verständigte sich der SPD-Vorsitzende Friedrich Ebert mit General Wilhelm Groener als Vertreter der obersten Heeresleitung darauf, gemeinsam gegen die Aufstände vorzugehen. Ebert versprach sich von dem sogenannten Ebert-Groener-Pakt einen geordneten Übergang in die Demokratie. Die Oberste Heeresleitung wollte das Gelingen der Revolution und eine sozialistische Republik verhindern. Ende 1918 setzte sich schließlich die parlamentarische Republik durch.
Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, erinnert daran, dass es auch Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter waren, die im November 1918 für Frieden, Anerkennung von Gewerkschaftsrechten und die Ablösung der konstitutionellen Monarchie eintraten. "Viele der damals Aktiven wollten mehr: eine grundsätzliche Reform des kapitalistischen Wirtschaftssystems - oder dessen Ablösung", sagt Hofmann. "Die Novemberrevolution 1918 stärkte im Ergebnis - zunächst - die parlamentarische Demokratie und setzte den Rahmen für einen modernen Sozialstaat, wie wir ihn heute kennen." Sie erreichte, dass erstmals der Achtstundentag in allen Betrieben galt, Arbeitgeber im Stinnes-Legien-Abkommen Gewerkschaften als Vertreter der Beschäftigten und die Tarifautonomie anerkannten, mit dem Betriebsrätegesetz von 1920 Betriebsräte erstmals gesetzlich verankert wurden und Frauen das Wahlrecht erhielten.
Für die Rechte der Frauen hatte sich auch Toni Sender immer wieder eingesetzt. 1919 wird sie als Abgeordnete in die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung gewählt und 1920 für die USPD in den Reichstag. 1933 flieht sie vor den Nazis über Tschechien und Belgien in den USA. Zum Wahlrecht der Frauen sagte Toni Sender 1928: "Im neuen Staat, der deutschen Republik, ist die Frau wenigstens soweit aus ihrer Rechtlosigkeit befreit, dass sie durch die Sozialdemokratische Partei das Recht zu wählen bekam. Ihr Frauen und Mädchen habt den Mut zum Neuen, habt den Mut zum Glück."