... Diskutant mit dabei war Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall.
Sie bestücken Maschinen, bedienen Werkzeuge, entschärfen Bomben, erkunden unwegsames Terrain. Sie fahren Auto, spielen Schach, schweißen und biegen, lackieren und montieren. Sie können laufen, schwimmen, krabbeln, fliegen; sie können eigentlich alles, sie brauchen nur die richtige Programmierung – Roboter, niemals müde, immer wach, sind nicht zu bremsen.
Bereits in den vergangenen Jahren hat die Entwicklung in der Robotik eine atemberaubende Geschwindigkeit angenommen, nun hat sich das Tempo der Innovation nochmals verschärft: Mit der Konstruktion von intelligenten, zunehmend kostengünstigen Leichtbaurobotern, die autonom agieren, untereinander kommunizieren und ohne Schutzzaun Hand in Hand mit Menschen zusammenarbeiten, erweitern sich Einsatzmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder.
Ob in der Landwirtschaft, der Gastronomie oder der Sicherheitsbranche, ob in Handel, Medizin oder in der Industrie – mittlerweile haben Roboter in fast jedem Wirtschaftsbereich eine große Zukunft vor sich.
Was aber heißt das für den Menschen? Was bedeutet es für ihn und für seine Arbeit, wenn, wie vom Fachverband Robotik und Automation (VDMA) jüngst prognostiziert, in diesem Jahr rund um den Globus mehr als 1,5 Millionen Industrieroboter im Einsatz sein werden? Auf dem diesjährigen „European Robotics Forum“ in Wien trafen sich jetzt die führenden Experten aus Wissenschaft und Industrie, Politik und Gesellschaft und diskutierten über die ökonomischen und sozialen Auswirkungen dieser Entwicklung. Mit dabei: Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall.
In seinem Debattenbeitrag erörterte Hofmann die Frage nach den Auswirkungen eines vermehrten Einsatzes von Robotern auf die Beschäftigung. Der IG Metall-Vize argumentierte, dass es keine klare Korrelation gebe zwischen der Zahl der Roboter und der Zahl der Beschäftigten in einem Unternehmen oder einer Branche. In den vergangenen Jahrzehnten seien zwar in einzelnen Fertigungsbereichen Arbeitsplätze durch die fortschreitende Automatisierung verloren gegangen. Dieser sei bisher aber durch einen Aufbau von Beschäftigung in anderen Bereichen abgefedert, ausgeglichen, häufig sogar übertroffen worden. Mit der Entwicklung und dem Einsatz neuer Technik entstehe aber auch neues Wachstum, etwa durch neue Produkte und neue Geschäftsmodelle. Wie die Beschäftigungsbilanz aussehe, sei nicht vorbestimmt. Darüber entscheide auch die Qualifikation und Innovationskraft der Beschäftigten. „Ohne das Engagement der Beschäftigten geht dies nicht. Dies setzt aber voraus, dass ihre Arbeitsplätze sicher sind.“
„Wir gehen davon aus, dass die Digitalisierung der Industrie gerade in Deutschland große Chancen und enormes Potential bietet“, sagte Jörg Hofmann in Wien. Entscheidend sei deshalb, dass die Beschäftigten dafür umfassend qualifiziert werden. „Das Qualifizierungsniveau der Beschäftigten ist die Schlüsselfrage, wenn es darum geht, den durch Digitalisierung vorangetriebenen Wandel menschenwürdig zu gestalten.“ Weil das aber so ist, weil es unter den Bedingungen von Industrie 4.0 mehr denn je auf Ausbildung und Qualifizierung ankommt, stünden die Unternehmen in der Pflicht, mehr als bislang in die Aus- und Weiterbildung ihrer Beschäftigten zu investieren.
Und auch an anderer Stelle nahm Jörg Hofmann die Unternehmen in die Pflicht: Roboter, argumentierte er, können bei der Gestaltung guter Arbeit ein durchaus hilfreiches Werkzeug sein. Sie können Arbeit gesünder, interessanter und sicherer machen. Dazu bedürfe es allerdings langfristig orientierter Unternehmensstrategien, die nicht nur auf Quartalszahlen ausgerichtete Kostenoptimierung im Blick haben. Gefordert seien ganzheitliche Ansätze, die den technologischen Fortschritt auch zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Industriearbeit nutzen.
In der gegenwärtigen Debatte um intelligente Roboter, moderne Software und umfassende Digitalisierung ist eine zentrale Frage, ob es letztlich der Mensch ist oder die Maschine, die den Takt und die Geschwindigkeit vorgibt. Für Jörg Hofmann ist die Antwort klar: „Wir dürfen nicht zulassen, dass künftig die Technik den Menschen und seine Arbeit beherrscht. Der Mensch soll die technischen Systeme gestalten, steuern und überwachen und nicht umgekehrt Anhängsel der Maschinerie sein.“
Die IG Metall, so Hofmann, werde mit ihrer ganzen Kraft um eine neue Humanisierungspolitik ringen. Dazu sei es auch nötig, die Mitbestimmung in den Betrieben weiter zu stärken, um im Interesse und unter Beteiligung der Beschäftigten gute Arbeit in der Industrie 4.0 aktiv zu gestalten.