Zurzeit verhandeln Vertreter der Europäischen Kommission und der USA über eine transatlantische Freihandels- und Investitionspartnerschaft (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership). Ziel ist es, Zölle abzubauen, Standards beim Umweltschutz zu schaffen und technische Normen und Arbeitnehmerrechte anzugleichen. Kurz: Tarifäre und nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen zwischen den USA und der EU sollen beseitigt werden. Auch beim geplanten Abkommen mit Kanada (CETA) sollen Zölle gesenkt und Regulierungen harmonisiert werden.
Tarifäre und nicht-tarifäre Hemmnisse
Tarifäre Handelsbeschränkungen sind etwa Zölle, die bei der Einfuhr von Waren in ein Land erhoben werden, was diese für den Verbraucher teurer machen kann. Die Ursachen für nicht-tarifäre Handelshemmnisse liegen meist in unterschiedlichen technischen Standards, Regeln zur Produktqualität oder gesetzlichen Vorschriften für Waren und Dienstleistungen. Das betrifft zum Beispiel etwa Lebensmittel, Medikamente oder Autos. Vor der Einfuhr von Waren ist deshalb nachzuweisen, dass sie die Kriterien des Ziellandes erfüllen. Das erhöht die Kosten für ihre Ausfuhr. Sind die Kriterien nicht erfüllt, kann der Import verboten werden. So dürfen zum Beispiel hormonbehandeltes Fleisch und mit Chlor behandelte Hühnchen nicht in die EU und französischer Schimmelkäse à la Roquefort nicht in die USA eingeführt werden.
Mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA entstünde der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Welt. Der nahezu schrankenlose Handel soll laut Befürwortern die Produktivität steigern und die Importkosten und Preise für die Verbraucher senken. Ihr Versprechen: mehr Wachstum, mehr Wohlstand, mehr Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks. Die bislang dazu durchgeführten Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Verheißungen höchst ungewiss. Den geringen Wachstumseffekten stehen große Gefahren gegenüber.
Kritiker sehen durch die TTIP die Arbeits-, Sozial-, Produkt- und Umweltstandards in den Mitgliedsländern in Gefahr. Sie befürchten, dass diese als Ergebnis der Verhandlungen auf dem jeweils niedrigsten Niveau angeglichen werden. Das würde die Lebensqualität der Menschen in Europa und Amerika entscheidend verschlechtern. Die Öffnung des europäischen Marktes für Chlorhühnchen, Hormonfleisch und nicht gekennzeichnete, gentechnisch veränderte Lebensmittel wäre dabei nur eine Seite der Medaille.
Folgen des Investitionsschutzes
Gewerkschaften stoßen sich vor allem am Investitionsschutz. Denn ein auf die Interessen der Investoren zugeschnittenes TTIP stärkt die Macht der Konzerne. Dadurch werden die demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten der Gesellschaft massiv einschränkt. Mögliche Folgen sind bereits heute zu beobachten: So hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs auf Schadensersatz verklagt, weil das Stilllegen von Atommeilern den Gewinn des Unternehmens schmälert. Streitwert 3,7 Milliarden Euro.
Zwar sind die USA Mitglied der internationalen Arbeitsorganisation (ILO), sie haben aber nur zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert. Nicht in Kraft gesetzt wurden Normen, die Grundlagen für gewerkschaftliche Aktivitäten und Tarifverhandlungen garantieren. Amerikanische Gewerkschaften befürchten deshalb, dass diese durch den geplanten Investitionsschutz auch in Zukunft nicht in den USA ratifiziert werden.
Wie das Abkommen derzeit angelegt ist, profitieren Wenige auf Kosten von Vielen. Deswegen steht für die IG Metall fest: Ohne eingebauten Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz kein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Die Gewerkschaft fordert Regeln, die Arbeitnehmerrechte, Sozial- und Umweltstandards auf einem hohen Niveau schützen. Das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA braucht aus Sicht der IG Metall keinen eingebauten Investitionsschutz. Die Rechtssysteme der Vertragspartner sind so weit entwickelt, dass sie Investoren ausreichend schützen. Der geplante Investitionsschutz würde den demokratischen Rechtsstaat untergraben, da er Unternehmen die Möglichkeit bietet, über private Schiedsgerichte nationale Gesetze und Gerichte zu umgehen. Damit würde der Handlungsspielraum demokratischer Staaten eingeschränkt. Die Zeche hätten die Steuerzahler zu zahlen: Sie müssten den ausländischen Unternehmen für ihre entgangenen Gewinne Schadensersatz leisten.
Bedingungen der Gewerkschaften
Die IG Metall und weitere DGB-Gewerkschaften würden dem Transatlantischen Freihandelsabkommen unter folgenden Bedingungen zustimmen:
Leak des TTIP Mandats für die Geheimverhandlungen zwischen EU und USA