Die Lage in den Betrieben gibt in der Corona-Krise weiterhin Anlass zur Sorge: 77 Prozent sind mittlerweile im Krisenmodus. Das sind sogar nochmal 10 Prozentpunkte mehr als vor Ostern. Für die Unternehmen heißt das: Finanziell wird es langsam richtig eng. So wird voraussichtlich jedes vierte Unternehmen in den nächsten Wochen in Liquiditätsengpässen stecken. Für die Beschäftigten heißt das: Kurzarbeit und Stellenabbau. Besonders Beschäftigte in Leiharbeit und mit befristeten Verträgen sind die Leidtragenden. Das zeigt eine Erhebung der IG Metall, für die die Gewerkschaft in den vergangenen zwei Wochen die Situation in 5000 Betrieben erfasst hat.
Über 70 Prozent der Betriebe haben Kurzarbeit für mindestens einen Teil ihrer Beschäftigten angemeldet. Dabei plant die Mehrzahl der Betriebe Kurzarbeit sogar für mehr als drei Monate. Betroffen sind dadurch rund 717.000 Beschäftigte.
Für gut eine Million Beschäftigte beträgt die geplante Dauer der Kurzarbeit bis zu drei Monate. Ob es dabei bleibt, ist von der weiteren konjunkturellen Entwicklung abhängig.
Die Ausprägung der Kurzarbeit sieht momentan wie folgt aus: 57 Prozent der Betriebe reduzieren die Arbeitszeit über 50 Prozent, das betrifft rund eine Million Beschäftigte. Kurzarbeit 0 haben 27 Prozent der Betriebe, das betrifft rund 500.000 Beschäftigte.
Kurzarbeit geht mit starken finanziellen Einbußen der Beschäftigten einher. Aktuell gibt es nur in einem Teil der Betriebe (61,6 Prozent) tarifvertraglich oder betrieblich vereinbarte Aufstockungen auf das Kurzarbeitergeld. Diese sind teilweise zeitlich befristet und reichen in 25 Prozent der Betriebe nur bis Juni dieses Jahres. Die jetzt beschlossene Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ist daher dringend notwendig – und hätte aus Sicht der IG Metall deutlich früher einsetzen müssen.
Der Abbau von Stammbelegschaften spielt bisher nur für einen geringen Teil der Unternehmen eine Rolle. Jedoch wurden in großem Umfang Leiharbeiter abgemeldet (37,5 Prozent), Werkverträge gekündigt (14,8 Prozent) und befristete Arbeitsverträge nicht verlängert (31,8 Prozent).
Ein Signal der Zuversicht liefert dagegen eine andere Zahl: Nur sehr wenige Betriebe (4,0 Prozent) planen die Anzahl der Ausbildungsplätze infolge der Corona-Krise zu reduzieren. Die Position der IG Metall wird damit bestätigt: Die momentane Situation darf nicht dazu führen, Ausbildungsplätze abzubauen oder gar bestehende Verträge zu lösen.
Die Befragungsergebnisse zur Liquidität in der Corona-Krise zeigen: In fast 10 Prozent gibt es bereits akute Engpässe. Dies betrifft rund 130.000 Beschäftigte. Das ist ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber der Befragung vom Monatsanfang. Weitere 15,1 Prozent der Betriebe rechnen mit Liquiditätsengpässen in den kommenden vier bis sechs Wochen. Damit wären 220.000 Beschäftigte betroffen.
Für Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, ein Alarmsignal: „Der Schritt der Bundesregierung, Liquiditätshilfen in großem Umfang bereitzustellen, war richtig. Diese müssen nun schnell und unbürokratisch bei den Betrieben ankommen. Neben den Engpässen bei der Liquidität verstärkt sich aber Woche für Woche bei einigen Betrieben die Eigenkapitalschwäche. Hier muss der Wirtschaftsstabilisierungsfonds auch durch direkte Beteiligungen an Unternehmen stützen. Die IG Metall verfolgt daneben weiter das Ziel, über ergänzende Fondsmodelle Betriebe und Beschäftigte zu schützen. Insolvenzen und der Ausverkauf deutscher Industrieunternehmen muss soweit möglich verhindert werden.“
Die Befragung zeigt, wie sehr die Corona-Krise die Wirtschaft im Griff hat. Neben den Liquiditätshilfen führt mittelfristig auch an einem Konjunkturprogramm deshalb kein Weg vorbei. „Ein Konjunkturprogramm muss so zugeschnitten sein, dass zum Ende der Krise Wachstumsimpulse gesetzt und die ökologische Transformation vorangebracht werden“, erklärt Jörg Hofmann. Der Erste Vorsitzende der IG Metall weiß: „Da gibt es viel zu tun: Für die Mobilitäts- und Energiewende sind enorme Investitionen, vom Ausbau der Infrastruktur bis zu synthetischen Kraftstoffen und der Umstellung auf klimafreundliche Antriebe, nötig.“